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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Dvořák, Max: Die Illumination des Johann von Neumarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0059
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Die Illuminatoren des Johann von Neumarkt.

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unter einem Einflüsse, der weder auf französische, nach Böhmen berufene Enlumineurs
noch auf eine in Frankreich empfangene Schulung böhmischer Büchermaler zurückzu-
führen ist. Die einzige Quelle des localen Stiles sind französische Handschriften und Buchhändler die
einzigen Vermittler. Die selbständige böhmische Schule — mit dem Worte Schule ist hier vielleicht
zu viel gesagt — entsteht durchaus aus der geläufigen allgemeinen Ausschmückung der billigen ein-
fachen Codices.

Der neue Bücherschmuck, welcher, wie mit grosser Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann,
auf eine Prager Werkstatt zurückzuführen ist,1 war um die Mitte des XIV. Jahrhunderts in Böhmen
und Mähren allgemein verbreitet und hält sich

bis gegen das Ende des Jahrhunderts, also bis F
in eine Zeit hinein, in welcher die Handschrif- Ir
ten in Böhmen bereits in einer anderen, weit i

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vorgeschritteneren Weise illuminirt wurden. H
Wir finden ihn z. B. in der Handschrift Nr. 67 |
des Olmützer Domcapitels, welche im Jahre
1367 von Erzbischof Johann von VlaSim dem 1
Capitel geschenkt wurde und einen Tractatus i
de vita et honestate clericorum enthält, in den
Nachträgen zu dem Liber viaticus des Johann I
von Neumarkt, in der Bibel XV. B. 9 im Landes- I
museum, welche aus den Siebzigerjahren stam-
men dürfte, in dem etwas späteren Ambrosius-
codex XV. A. 7 derselben Bibliothek, ja noch
in der Vaticanischen Handschrift der Schriften
des Erzbischofs Johann von Jenstein (Cod. vat.
lat. 1122), welche in dem Jahre i3g6 entstan-
den ist.

Hat sich jedoch einmal eine neue tech-
nische Tradition entwickelt, so begann man
naturgemäss bald auch mit grösserem Geschick,
als es bei dem erwähnten Missale der Fall war,
bestimmte und complicirtere fremde Vorlagen
nachzumalen, so z. B. in der Expositio super
psalterium des Augustin (XII. A. i3) im Landes-
museum. Die Vorlage war eine nordfranzö-
sische Handschrift mit Dornblattborduren und
Drölerien aus der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts

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Fig. 6.

S. 401 des Breviars vom Jahre 1342 in der Stifts-
bibliothek zu Raigern.

In der böhmischen Copie wurde die Aus-
schmückung vollkommen übernommen, jedoch in grösserem Format ausgeführt, wodurch sich der
Charakter der Decoration etwas veränderte. Die Farben sind matt und schmutzig wie in den sonstigen
böhmischen Handschriften aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts.

Ein anderes merkwürdiges Beispiel dafür, wie treu in dieser Zeit fremde Vorlagen in Böhmen
und Mähren (Mähren war culturell völlig mit Böhmen verbunden) copirt wurden, bietet ein Breviarium
Benedictinum in Raigern. Es wurde im Jahre 1342 im Auftrage des Propstes Vitko von Raigern von
einem Frater Petrus geschrieben und wohl auch illuminirt. Einzelne Initialen und Randleisten zeigen den
besprochenen Stil der böhmischen Handschriften (Fig. 7). Für andere Ornamente und fast durch-
wegs für die Miniaturen wurde eine italienische Vorlage benützt. Während wir sonst in böhmischen
Psalterien des XIV. Jahrhunderts die französische Achttheilung und den französischen Cyklus finden,

1 Im Jahre 1357 lässt sich ein Simon Illuminator in Prag feststellen: Tomek, Grundzüge der Prager Topographie, 247.

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