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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Dvořák, Max: Die Illumination des Johann von Neumarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0060
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Max Dvorak.

sind in dem Brevier die Anfänge von 20 Psalmen durch Initialen hervorgehoben. Es ist dies die byzan-
tinische Eintheilung, welche sich besonders im XIII. Jahrhundert auch in Italien eingebürgert hat.
Auch die Illustrationen zu den Psalmen sind italienisch; es sind zum grossen Theil nur Büsten von
Männern mit verschiedenen Attributen. Die italienische Vorlage war vermuthlich eine Bibel; denn es
italianisiren jene Miniaturen, welche biblische Darstellungen enthalten, und wir finden vielfach Dar-
stellungen aus dem alten Testamente, welche sonst in Breviarien nicht gebräuchlich sind (Fig. 7). Die
Vorlage war bolognesisch, und zwar aus dem Ende des XIII. oder Anfang des XIV. Jahrhunderts.

In Bologna, dem Centrum des italieni-
schen Rechtsstudiums und des italienischen
Bücherhandels, entstand eine ganz bestimmte
Art der Bücherausschmückung, welche wir
aus Hunderten von Beispielen kennen. Die
italienisirenden Miniaturen und Ornamente
des Breviariums gehören diesem Stile an: wir
finden bekannte Miniaturen, den charakteristi-
schen kobaltblauen Hintergrund, die bologne-
sischen unregelmässigen Rankenornamente
mit grossen Goldballen und italienische Drole-
rien, wie z. B. auf S. 141 die nackte, eine Kugel
auf dem Kopfe tragende Gestalt (Fig. 7),
welche in italienischen Ducento- und Tre-
centohandschriften so oft vorkommt. Der
böhmische Miniator war bestrebt, die Bilder,
die Ornamente und auch die Farben seiner
Vorlage so treu als möglich wiederzugeben.

Dabei ist sehr bezeichnend, dass als Vor-
bild eine Handschrift benützt wurde, die in
einem Stile illuminirt war, welcher in dieser
Zeit — um die Mitte desTrecento — in Ita-
lien bereits ziemlich lange überwunden war,
in dem niemand mehr malte. Es ist das ein
abermaliger Beweis, dass keine directen Be-
ziehungen zu fremden Werkstätten bestanden
haben. Der Maler hat den Archaismus der
Vorlage nicht empfunden, weil er selbst
noch archaischer malte. Wir sehen das an Miniaturen, für welche er keine Vorlage verwendete.
Die sind noch völlig zeichnerisch erfunden und erinnern beiläufig an die Illustrationen in den
Handschriften der Königin Elisabeth, obwohl sie zu dieser in keiner Beziehung stehen. Das war
der Stil, zu dem die böhmischen Büchermaler gelangten, auf dem ihre selbständigen Schöpfungen be-
ruhten.

Nicht minder bezeichnend ist, dass eine bolognesische Arbeit nachgeahmt wurde.

Das Breviarium ist in einer Zeit entstanden, in welcher das römisch-canonistische Studium in Bezug
auf Extensivität den Höhepunkt erreichte. Analog der Verobjectivirung des menschlichen Denkens,
welche wir der Scholastik verdanken, wurde im XIII. Jahrhundert eine Verobjectivirung des Rechtes in
der Verarbeitung des römischen Rechtes in das Kirchenrecht von den Glossisten wenigstens theoretisch
durchgeführt. Es ist dies vielleicht die folgenschwerste Arbeitsthat der mittelalterlichen Kirche. Für die
Zeitgenossen bedeutete das neue Rechtsstadium kaum weniger als die neue theologisch-wissenschaft-
liche Doctrin, umsomehr, da es von der Entfaltung der Kirchenmacht ausgeht. Die erreichte aber im
XIV. Jahrhundert ihren Höhepunkt.

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Fig. 7. S. 141 des Breviars vom Jahre 1342
bibliothek zu Raigern.

in der Stifts-
 
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