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Max Dvorak.
ganges im Emauskloster zu Prag. Der italienische Charakter der einzelnen Gemälde ist oft erwähnt
worden und Neuwirth glaubte sogar feststellen zu können, dass vier Italiener an dem Cyklus gemalt
haben.1 Das ist ganz ausgeschlossen. Wo malte man in Italien gleichzeitig oder früher in dieser
Weise? Ausserdem weisen die Gemälde auffallende und unübersehbare Beziehungen zu gleichzeitigen
Werken der böhmischen Schule auf. Neuwirth erklärt diese Uebereinstimmung dadurch, dass die
Italiener einheimische Gesellen beigezogen haben. Dann hätten jedoch die Gesellen mehr gemalt als
die Meister. Es ist in der That an den Wandmalereien nichts italienisch als einzelne Compositionen
und Typen und deren Ursprung lässt sich wenigstens in einem Falle feststellen. Die ausführliche und
immerhin seltene Darstellung der wunderbaren Vermehrung der Brote kehrt in einer fast ganz gleichen
Fig. 25. Ein Theil der Georgslegende zu Neuhaus.
Composition in der Handschrift Mst. Ital. 115 der Pariser Nationalbibliothek wieder, welche Medita-
tiones de vita Christi mit florentinischen Illustrationen aus der ersten Hälfte des Trecento enthält. Ich
weiss nicht, wie weit die sonstigen Illustrationen der Handschrift mit dem Prager Cyklus überein-
stimmen, da ich seinerzeit nur diese eine Darstellung copirte. Doch ein Beispiel genügt als Beweis
dafür, dass ähnliche Compositionen, wie sie in dem Emauser Cyklus verwendet wurden, in italienischen
Handschriften cursirten und aus solchen wohl auch entnommen wurden. Male führte in dem schönen
Buche über die Ikonographie des XIII. Jahrhunderts den Beweis, dass Meditationen über das Leben
Christi als Malerbuch benützt wurden. Er beschränkt sich dabei wohl auf die sogenannten Meditationen
des Bonaventura. Doch in späterer Zeit wirkte in dieser Beziehung die ganze grosse Literatur ein, die auf
Grund und nach dem Beispiele der genannten Meditationen entstand, — jenes Werkes, das »mehr
1 Die Wandgemälde im Kreuzgange des Emausklosters in Prag.
Max Dvorak.
ganges im Emauskloster zu Prag. Der italienische Charakter der einzelnen Gemälde ist oft erwähnt
worden und Neuwirth glaubte sogar feststellen zu können, dass vier Italiener an dem Cyklus gemalt
haben.1 Das ist ganz ausgeschlossen. Wo malte man in Italien gleichzeitig oder früher in dieser
Weise? Ausserdem weisen die Gemälde auffallende und unübersehbare Beziehungen zu gleichzeitigen
Werken der böhmischen Schule auf. Neuwirth erklärt diese Uebereinstimmung dadurch, dass die
Italiener einheimische Gesellen beigezogen haben. Dann hätten jedoch die Gesellen mehr gemalt als
die Meister. Es ist in der That an den Wandmalereien nichts italienisch als einzelne Compositionen
und Typen und deren Ursprung lässt sich wenigstens in einem Falle feststellen. Die ausführliche und
immerhin seltene Darstellung der wunderbaren Vermehrung der Brote kehrt in einer fast ganz gleichen
Fig. 25. Ein Theil der Georgslegende zu Neuhaus.
Composition in der Handschrift Mst. Ital. 115 der Pariser Nationalbibliothek wieder, welche Medita-
tiones de vita Christi mit florentinischen Illustrationen aus der ersten Hälfte des Trecento enthält. Ich
weiss nicht, wie weit die sonstigen Illustrationen der Handschrift mit dem Prager Cyklus überein-
stimmen, da ich seinerzeit nur diese eine Darstellung copirte. Doch ein Beispiel genügt als Beweis
dafür, dass ähnliche Compositionen, wie sie in dem Emauser Cyklus verwendet wurden, in italienischen
Handschriften cursirten und aus solchen wohl auch entnommen wurden. Male führte in dem schönen
Buche über die Ikonographie des XIII. Jahrhunderts den Beweis, dass Meditationen über das Leben
Christi als Malerbuch benützt wurden. Er beschränkt sich dabei wohl auf die sogenannten Meditationen
des Bonaventura. Doch in späterer Zeit wirkte in dieser Beziehung die ganze grosse Literatur ein, die auf
Grund und nach dem Beispiele der genannten Meditationen entstand, — jenes Werkes, das »mehr
1 Die Wandgemälde im Kreuzgange des Emausklosters in Prag.