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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Dvořák, Max: Die Illumination des Johann von Neumarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0118
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I 12

Max Dvorak.

nicht schwer der Einfluss der Palette der italienischen Trecentomaler zu erkennen. Der älteren Genera-
tion in Frankreich mochten wohl die neuen Farbeneffecte so revolutionär erscheinen wie etwa den
Akademikern das Colorit Millets. Wichtig ist, dass sie ebenfalls einen neuen Schritt auf dem Wege
der naturalistischen Kunst bedeuten. Wie die Modellirung, wurde auch der Gebrauch der naturgetreuen
Localfarben in der älteren französischen Malerei mit einer gewissen Einschränkung gehändhabt. Es
wurde nur eine geringe Anzahl von Farben und Farbennuancen verwendet, die wohl unter Berück-
sichtigung des beiläufigen localen Colorits, doch nicht als eine treue Nachahmung der Farben des Ob-
jectes sondern decorativ und conventionell zusammengestellt wurden. In der byzantinischen Malerei
hat sich die vollständig durchgeführte naturalistische Colorirung der Bilder seit der Antike traditionell
erhalten und bildet dann einen Theil der kostbaren Erbschaft, welche die italienische Malerei von den
Griechen empfangen hat. Wie bei den ersten Werken der modernen Malerei in Italien, beruhen auch
im Norden die neuen coloristischen Versuche nicht auf neuen Beobachtungen sondern tragen deutliche
Spuren des Erlernten und schliessen sich nicht minder schematisch den italienischen Vorbildern an;

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Fig. 3l. Himmelfahrt Maria. Ausschnitt aus der Zeichnung eines nordfranzösischen Künstlers im Louvre.

doch dem eigenen selbständigen Sehen wurden neue Aufgaben gestellt und für die Weiterentwicklung
wurde eine ganz neue Basis geschaffen.

Mit der neuen Auffassung des Bildes als einer möglichst treuen Wiederholung eines begrenzten
Naturabschnittes mussten sich nothgedrungen auch Aenderungen im technischen Verfahren der Maler
einstellen. Der andeutende Stil der älteren Periode verwendet neben Deckfarben auch — hauptsäch-
lich dort, wo eine Modellirung angebracht werden soll, —■ durchsichtige Wasserfarben, welche die
schwarzen Schattirungen der Vorzeichnung durchscheinen lassen, oder begnügt sich damit, die lichten
Flächen einfach auszusparen. Beides verschwindet in den Werken des neueren Stiles vollkommen.
Die neue naturalistische Malerei erforderte an jeder Stelle des Bildes eine deckende Localfarbe, an der
die Schatten mit einem dunkleren Tone derselben Farbe und die Lichter in Weiss angebracht wurden.
Die Voraussetzung selbst und hauptsächlich die Art und Weise, wie die Aufgabe gelöst wurde, führt
uns wiederum nach Italien. Vielleicht am deutlichsten ist es an der Fleischbehandlung zu sehen, bei
der die mühevolle Modellirung durch aufeinandergelegte Farbenschichten auf einem grünen Malgrunde
unverkennbar auf italienische Vorbilder hinweist. Fast unerklärlich erscheint der überhäufige Gebrauch
von scharfen weissen Lichtern, wie er nur in einer vollkommen plainairistischen Malerei motivirt wäre.
Man entdeckt auch in dieser Beziehung bald eine fremde und alte Schablone.

In den mystischen Schriften der Bettelmönche liest man oft, wie die Madonna dargestellt werden
soll, als eine Erscheinung voll Schönheit, Hoheit und Güte. In der gothischen Sculptur und Malerei
 
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