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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0140
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134

Heinrich Modern.

meisters, des schon öfters genannten Augustinus Patritius, der überall von Amtswegen dabei war (his
omnibus interfui ex officio) und die Ceremonien mit grosser Klarheit und Ausführlichkeit schildert.
Von der Schwert- und Hutverleihung dieses Jahres stammt eine Veränderung des Ceremoniels, die
Kaiser Friedrich III. herbeiführte.

Am 24. December um 9 Uhr Abends betrat Kaiser Friedrich die Peterskirche — eben wurden die
laudes matutinales gesungen —, lange schon dort von Papst Paul II. erwartet; denn die Ankunft des

Kaisers hatte sich verzögert. Der Kaiser er-
füllte sofort im Gebete seine Gelübde (solvit
concepta vota). Nach einem vom Papste ab-
gehaltenen Gottesdienste begab man sich gegen
11 Uhr zur Ruhe. Um 3 Uhr Morgens ver-
fügte sich der Papst in dem für die Matutinen
vorgeschriebenen Ornate mit den Cardinälen
und dem übrigen Geleite in die »capella major«
(später Sixtinische Kapelle), um dort die Ma-
tutinen abzuhalten; »denn«, sagt Patritius, »die
früheren Matutinen in der Peterskirche, in
deren Verlauf der Kaiser die Kirche betrat,
wurden nicht zur Abhaltung des Gottesdienstes
sondern um die Zeit anständig zu verbringen
gesungen.«1 Die vier ersten Lectionen wurden
dem Rituale gemäss absolvirt, die fünfte Lectio
»In quo conflictu« hatte der Kaiser zu singen,
»weil ihm Schwert und Hut verliehen werden
sollte«; statt seiner sang sie der dem Range
nach vorletzte Cardinalpresbyter. Die siebente
aber: »Exiit edictum a Caesare Augusto«, sang
der Kaiser unter folgendem Ceremoniel: Der
Kaiser erhob sich von seinem neben dem
Papste befindlichen, etwas niedrigeren Thron-
sessel, unter Beihilfe von Cardinaldiakonen.
wurde ihm eine Leinentunica (Superpellicium)
übergeworfen, hierauf eine Stola über die
linke Schulter gelegt, die wie bei Diakonen unter der rechten Schulter verschlungen wurde. Als
sie nun dem Kaiser den weissen Mantel (Paludamentum, pluviale) umlegten und den Schlitz (aper-
tura) auf der rechten Schulter richteten, wehrte der Kaiser ab; er richtete sich den Schlitz vorne an der
Brust, indem er sagte, der Kaiser trage Stola und Pluviale nach Art der Priester, so wie es im grossen
Kaisersiegel geschnitten sei. Als die Cardinaldiakonen nun auch die (durch das Pluviale ver-
deckte) Stola nach Wunsch des Kaisers zu richten beabsichtigten, sagte er, das sollten sie nur sein
lassen, das sehe so Niemand. Nun wollten sie ihm das geweihte Schwert umgürten; der Kaiser duldete
es nicht, befahl, es seinem Waffenträger zu geben und den Hut einem anderen der Anwesenden, trat
vor den Thron des Papstes mit entblösstem Haupte, nahm nun das Schwert vom Waffenträger, liess
es dreimal vibriren, zum Zeichen, dass er mannhaft die Kirche vertheidigen wolle, und gab es sofort
seinem Waffenträger zurück, trat nun zu einem geschmückten Pult, wo das Evangelienbuch lag, und

Fig. I. Papst Gregor XIII. verleiht Schwert und Hut an Herzog
Karl Friedrich von Cleve.

Nach einer Photographie von Moscioni in Rom.

Hörensagen weiss. Augustinus Patritius' Bericht citire ich nach Pez Hieronymus, Scriptores rerum Austriacarum, Lipsiae,
Gleditsch 1721, II, 60g f., auch abgedruckt bei Mabillon, a. a. O. I, 256—272; Muratori Lud., Rerum Italicarum scriptores,
Mediol. 1733, tom. XXIII.

1 Superiores enim matutinae non tarn ad satisfaciendum officio quam ad tempus conterendum fuerant decantatae. —
Die Matutinen wurden regelmässig nicht in der Peterskirche sondern in der »capella major« abgehalten.
 
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