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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0143
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Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses.

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Möglichkeit der Umgürtung erweisen; selbstverständlich muss der Schwertträger den Griff in der Hand
behalten.

Die Ceremonie erlitt eine Reihe von Abänderungen, wenn die Verleihung an einen Abwesenden
erfolgte. Die Weihe wurde dann entweder vor den Matutinen oder vor einer der drei Messen vor-
genommen. Wenn Grassi1 behauptet, in diesem Falle müsse die Weihe immer bei Tage vorgenommen
werden, so widerspricht dem Burchard für die Vergangenheit und spätere Breven, z. B. das des Papstes
Leo X. vom 5. Mai 1518 an Kaiser Max I., das des Papstes Gregor XIII. vom 16. October 1574 an Dom
Sebastian2 und das des Papstes Sixtus V. vom 11. April 1587 an Erzherzog Ernst.

An wen Schwert und Hut zu verleihen wären, setzte der Papst in der Regel in einer Berathung
mit dem Cardinalscollegium fest.3 Ein päpstlicher Nuntius oder Legat wurde mit einem Breve und
Schwert und Hut abgesendet; das betreffende Ceremoniel finden wir in einer Abschrift der Protokolle
des Wiener Bisthums der Jahre 1561 u. f. im k. und k. Haus-, Hof- und Staatsarchive, ausgearbeitet
vom Ceremonienmeister Franciscus Mucantius; es weicht in einigen Punkten von dem von Paris de
Grassis in seinem Diarium »Quomodo ensis cum galero qui donatur per papam in die Nativitatis Christi
extra urbem mittitur et praesentatur regi aut principi« beschriebenen ab.4

Die Handschrift des Haus-, Hof- und Staatsarchives5 enthält 1. das bereits erwähnte Breve des
Papstes Sixtus V. an Erzherzog Ernst6 vom 11. April 1587 mit der Ankündigung der Verleihung von
Schwert und Hut, 2. die Instruction für den Nuntius Lelio Orsini, 3. die Vorschrift für den Uebergabe-
act, 4. die Form der Veröffentlichung des mit dieser Ceremonie stets verbundenen Ablasses. Dem
Breve ist zu entnehmen, dass der Papst Schwert und Hut in der heiligen Nacht geweiht und nach
Berathung mit dem Cardinalscollegium an Erzherzog Ernst zu verleihen beschlossen hatte, dass zum
Nuntius der geheime Kämmerer Lelio Orsini, Herzog von Gravina, ernannt wurde, dass dem Erzherzog
die Wahl der Kirche, in welcher die Ceremonie zu vollziehen sei, sowie die Wahl des das Hochamt
celebrirenden Priesters freigestellt wurde; vom Papste war zu letzterer Function dessen Nuntius am
Kaiserhofe, Anton Erzbischof von Bari, vorgeschlagen. Nach der für den Nuntius Orsini ausgearbei-
teten Instruction zeigte dieser in der Nähe der Stadt (Wien) seine Ankunft an; ihm war auf 1000,
höchstens 2000 Schritte eine Deputation von Hofwürdenträgern und Adeligen entgegenzuschicken, in
deren Gesellschaft er, in der Festtracht der päpstlichen Kämmerer, zwischen zwei der ihm entgegen-
gesendeten Würdenträger einritt, das geweihte Schwert in der Scheide, den Hut auf dessen Spitze
vor sich haltend. Bei Regenwetter hat die Vortragung von Schwert und Hut zu entfallen und sind
diese nur im Futteral einigen Herren zu zeigen.7 Denselben oder den folgenden Tag weist der Nuntius
das päpstliche Breve dem Erzherzog oder dem zur kirchlichen Function gewählten Geistlichen (Com-

' Vgl. Mac Swiney, De Mashanaglass, Lc Portugal et le Saint-Siege. I. Les epees d'honneur envoyes par les papes aux
rois de Portugal, Paris, Picard 1878, p. 142. Paris de Grassis Diarium (Ms. in der Vaticanischen Bibliothek), tom. IX, fol. 194.

2 Abgedruckt bei Mac Swiney, p. 75.

3 Vgl. Burchard II, 421, 502; Grassi ed. Frati, 27. December 1506, p. 127; 26. December 1511, p. 3io u. f., und Breven,
z. B. Breve Pius V. ddo. 20. Jänner 1568 an Erzherzog Ferdinand und Breve Sixtus V. ddo. II. April 1587 an Erz-
herzog Ernst.

4 Letzteres ist in französischer Uebertragung bei Mac Swiney, a. a. O., p. 56', abgedruckt.

s Cod. 100, Bd. i3, Nr. 15, fol. 174—182; vgl. auch Wolfsgruber Cölest'm, Die Hofkirche zu St. Augustin in Wien,
Augsburg, Huttier 1888, S. 97. — Der kaiserliche Gesandte in Rom, Giovanni Battista Bernerio, schreibt unter dem II. April
1587 an Kaiser Rudolf II.: »Si i intenso che sua Santitä manderä Don Lelio Orsino, suo cameriere secreto, ä portare la spada
benedetta questo Natale al serenissimo Archiduca Ernesto (Haus-, Hof- und Staatsarchiv 595, Bd. 6, fol. 734: Gesandtschafts-
berichte aus Rom. Diese Notiz verdanke ich einem gefälligen Hinweise des k. und k. Archivsconcipisten Dr. A. Goldmann).

6 Erzherzog Ernst hat als Statthalter von Niederösterreich im Vereine mit Melchior Klesl energisch und rücksichtslos
die Gegenreformation angebahnt; vgl. Bibl Victor, Erzherzog Ernst und die Gegenreformation in Niederösterreich (1576
bis 1590): Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, VI. Ergänzungsband (Festschrift für Theodor
Ritter von Sickel), Innsbruck, Wagner, 1901, S. 574 f.

' Ein derartiges Futteral für einen geweihten Hut hat sich im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich erhalten.
Eine Schachtel aus getriebenem rothbemalten Kupfer mit der Jahreszahl 1512 und mit dem Familienwappen des Papstes
Julius II. mit Tiara und Schlüsseln ist abgebildet in Proceedings of the Society of Antiquaries of Scotland, Vol. XXVHI, Edin-
burgh 1894, S. 297.

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