Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Modern, Heinrich: Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0159
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses.

153

Der dazu gehörige Hut aus schwarzem1 Sammt ist 35 Cm., die aufgeschlagene Krempe 8 Cm.
hoch. Die ungewöhnliche Form ist unseren Abbildungen (Tafel XXII und XXIII) zu entnehmen. In
reicher Perlen- und Goldstickerei sind auf der Spitze des Hutes eine Sonne aus 16 Strahlen — gerade
alterniren mit gezackten Feuerstrahlen —, den jugendlichen Christus,2 an der Seite rechts eine fliegende
Taube mit Nimbus, den heiligen Geist symbolisirend, und drei Knopfe: einer in der Mitte der Sonne,
einer vorne in der Mitte oberhalb der Krempe und einer links unter dem Kopfe der Taube (4 Cm.
Diameter, 2 Cm. hoch) gearbeitet.3 Die Stickerei ist auf unterlegtem, geripptem Seidenstoff ausgeführt,
der durch Goldfäden und Perlen fast ganz gedeckt ist. Im kreisrunden Nimbus der Taube ist ein Drei-
pass in Gold und färbiger Stickerei, die verblichen ist, eingefügt; das Auge der Taube besteht aus einer
schwarzen (Glas?) Perle. Die Krempe war einst mit jetzt verschwundenem Hermelin verbrämt, der
Rand ist mit Goldpassementerie eingefasst. Ein Goldbrocatband schlingt sich um den Hut und hangt
in zwei mit Fransen abschliessenden Bändern (Stollen), Infuln gleich, noch 35 Cm. lang nach rück-
wärts. Ausgeführt wurden diese Hüte von den päpstlichen Seidenstickern. Wir finden darunter auch
deutsche Meister, so unter Martin V. einen Raynaldus de Colonia, unter Pius II. dessen Sohn Jacobus,
der schon Römer genannt wird. Vielfach erhält der Goldschmied des Schwertes auch für den Hut die
Bezahlung; er war dann selbstverständlich nur der Lieferant.

Die Form des Hutes, durch Jahrhunderte unverändert beibehalten, ist fremdartig, »di molto
strania forma«, wie schon 1510 Pietro Pasqualigo bemerkt. Wenn Gregor XIII. in seinem Breve an
Dom Sebastian vom 16. October 1574 den Hut als Stellvertreter eines Helms bezeichnet (galeae loco
pileum), so würde es doch schwer halten, im XIV. Jahrhundert einen Topfhelm ähnlicher Form zu
finden. Auch die Hutform bestätigt Zeit und Gegend der Entstehung des Ceremoniels. Diese F"orm
von Hüten trug der hohe Adel Frankreichs um die Mitte des XIV. bis zum Anfange des XV. Jahr-
hunderts.4

Die Meister von Schwert und Hut sind aus den chronologischen und systematischen Mandaten
und aus den Registri della depositeria generale der päpstlichen Kammer zu entnehmen.5

1 In älteren Katalogen der Ambrasersammlung (Primisser, Sacken und auch in des Letzteren Werk »Die vorzüglich-
sten Rüstungen und Waffen der k. k. Ambrasersammlung, Wien 1865«) wird der Sammt als dunkelroth und roth bezeichnet;
heute ist er schwarz, auch der Seidengrund schwarz; er war nie roth. Ich komme hierauf bei dem Hute Gregors XIII. mit
einem Worte zurück. Die geweihten Hüte waren schwarz, grau, roth oder violett; letztere Farbe hatte auch, wie wir oben
gesehen haben, der Hut Julius' II. vom Jahre 150g. Grau war der Hut, den Alexander VI. seinem Schwiegersohne Alfonso
d'Este (velutum coloris bisii), und der Hut, den Julius II. dem Könige Jakob IV. von Schottland verehrte. Von rothem Sammt
ist, nach gütiger Mittheilung des Herrn Directors Dr. M. v. Ehrenthal, der Hut, den Papst Benedict XIII. dem königlichen Prinzen
Friedrich August von Polen und Sachsen 1726 widmete und der im königl. historischen Museum zu Dresden verwahrt wird.

? Vgl. oben, S. l3l, die Stelle aus Burchard und Theophilus Raynaudus (a. a. O.). Wer über die symbolische und mystische
Bedeutung aller einzelnen Bestandtheile dieser Geschenke ein grösseres Werk lesen will, mag sich an Raynaudus halten, der
übrigens bei seinen Exegesen auch mitunter gegen die Erklärungen Sixtus' IV. seine Ansichten verthcidigt. Stellen aus Ray-
naudus haben jüngst Mac Swiney und Müntz citirt.

3 Der Gonfalonierenhut hatte vier solcher Knöpfe.

4 Weiss Hermann, Costümkunde, Stuttgart (Ebner & Seubert) 1872, IV, 71, 75, Abbildung 44 c. Viollet le Duc,
Dictionnaire raisonne du mobilier francais, Paris (Morel) 1873, IV, 3oo, 3o3, 375, 376, 378. Racinet A., Le costume histo-
rique, Paris (Didot) 1876, IV, C. P.

5 »1. M° Michelangelo joiellerio: Vitellotius, camerarius, magnifico viro domino Joanni Baptistae de Altovitis, pecu-
niarum camerae apostolicae receptori. De mandato etc. (sanctissimi domini nostri papae vivae vocis oraculo nobis) et auctori-
tate etc. (camerariatus officii) tenore praesentium comittimus et mandamus, ut de dictis pecuniis solvas et numeres magistro
Michelangelo Communello, suae sanctitatis gioiellerio, scuta centum monetae sine retentione ad bonum computum expen-
sarum per ipsum faciendarum conficiendo ensem aureum per sanctitatem suam in festo Nativitatis do-
mini nostri Jesu Christi proximo venturo iuxta solitum donandum. Quae sie soluta etc. (in tuis computis ad-
mittemus et admitti faciemus) contrariis etc. (non obstantibus quibuscunque). Datum Romae in camera apostolica die 28. maij
1567. | Vitellotius cardinalis, camerarius. | B. Bussottus, thesaurarius. | Andreas Martini, sc. 100.« (Rom, Archivio di stato,
Mandati 1567—1568, fol. 41'.) Die eingeklammerten Stellen sind im Originale ausgelassen und nach einem vollständigen
Mandate ergänzt.

2. Michelangelo Communello erhält den angewiesenen Betrag von 100 seudi am 3o. Mai 1567: »E addi detto seudi cento
di moneta pagati per mandato camerale de 28. stante a Michelangelo gioelliere dissono per le spese da farsi nello spadone,
che dona sua santitä il natale, seudi 100« (Rom, Archivio di stato, Reg. della depositeria 1567, fol. 40').
 
Annotationen