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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0165
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Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses. I 5 9

Franciscus de Santa Cruce festzustellen; dieser erhielt vom Juli 1579 bis inclusive März 1585 einen
Monatsgehalt von 6 ducati auri in auro, auch verschiedene Zahlungen, in welchen die Arbeiten nicht
specificirt erscheinen. Hiezu kommt noch der Kürschner (pellio
oder pelliciarius oder pellipellarius) Octavio Dormulo, der eben-
falls monatlich einen Gehalt von 6 Ducaten auri in auro bezieht
und für die Verbrämung des geweihten Hutes mit Hermelin
10 scudi erhält.1

Ferdinand, der Begründer der Glaubenseinheit in Tirol,
»acerrimus haereticorum insectator«, erhielt, wie vom asketischen
Mönche Pius V., so vom feinen Weltmanne Gregor XIII. Schwert
und Hut. Insbesondere der Gunst des Letzteren hatte sich Ferdi-
nand zu erfreuen; er entband ihn des Eides der Verschwiegenheit
seiner Ehe und verlieh seinem Sohne Andreas den Cardinalshut.

Gregor XIII., der berühmte Kalenderreformator, verlieh
Schwert und Hut an nachfolgende Fürsten: 1572 an Karl IX. von
Frankreich, 1573 an Dom Sebastian von Portugal, 1574 an Karl
Friedrich von Cleve, 1577 oder 1578 an Rudolf IL, 1579 an
Stefan IV. (Bäthory), König von Polen und Woiwoden von Sieben-
bürgen (führt die Jesuiten ein), 1581 an Ferdinand II. von Tirol,
endlich auch an Wilhelm V., den Frommen, von Bayern. Er-
halten sind nur Schwert und Hut Ferdinands II. von Tirol.

Betrachtet man die drei geweihten Schwerter der kunst-
historischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses ver-
gleichsweise, so findet man, gegenüber der conventionellen Be-
hauptung, dass diese päpstlichen Geschenke im Grossen und
Ganzen ihre Form beibehalten haben, »feststehende Typen«
hatten, den Wechsel des Geschmacks und des Stils im Zeiträume
von etwa 70 Jahren deutlich ausgeprägt. Conservativ bleibt der
päpstliche Hof nur in der Vergoldung des Schwertgriffes, in der
Aetzung der Klinge mit der typischen Inschrift, in der Gestaltung
der Scheide aus vergoldeten durchbrochenen Blechen über einem
mit Sammt oder Brocat überzogenen hölzernen Kerne. Alles
Andere ändert sich mit dem Zeitstile. Immer mehr entfernt sich
das geweihte Schwert von der Form einer Gebrauchswaffe, der
Griff streckt sich unverhältnismässig in die Länge, die Parir-
stangen dagegen werden nicht nur relativ sondern absolut kürzer
und winden sich in Schlangenlinien, wodurch die sacrale Kreuz-
form alterirt wird; der Knauf wird grösser, mit vollrunder Plastik
ausgestaltet, absolut unhandlich. Noch anschaulicher wird dieser
Wandel, wenn wir die Schwerter, die dem Dogen Francesco
Morosini Peloponnesiaco von Alexander VIII. 16902 und dem

1 Für all' diese Angaben hat Herr Dr. Pogatscher im Staatsarchive zu
Rom die urkundlichen Belege gefunden. Da aber specielle Rechnungen über
Schwert und Hut aus dem Jahre 1581 nicht vorliegen, — vielleicht auch deshalb,
weil damals Schwert und Hut nicht neu angefertigt wurden, — müssen wir auf
die Wiedergabe der einzelnen Urkunden verzichten und verweisen auf: Rom,
Archivio di stato, Mandate 1576—1578, fol. 71, 156—157, 181'; Mandate 1580—1583,
gistri della depositeria generale della Rev. Camera Apostolica 1579/1580, fol. 18', 88', 1
fol. 107; 1582/1583, fol. 103.

2 Das Schwert des Papstes Alexander VIII. wird im Schatze von San Marco zu Venedig aufbewahrt. Alexander VIII.,
selbst Venezianer, aus dem Hause Ottoboni, kam 79 jährig am 6. October 1689 auf den päpstlichen Stuhl. Das kurz darauf

XXII. 2 2

Fig. 7. Aetzung auf der Klinge
des Schwertes des Erzherzogs Karl.

fol. 48—49, 115', 134—135. Re-
S9'; 1580/1581, fol. i3; 1581/1582,
 
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