Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Dörnhöffer, Friedrich: Eduard Chmelarz
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0269
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Eduard Chmelarz.

263

Verweisungen vom Stecher auf den Maler, beziehungsweise vom Maler auf den Stecher, wieder auf-
genommen und versucht, die entstandenen Lücken, so gut es gieng, auszufüllen. Eine besondere Sorg-
falt verwendete Chmelarz auch auf den Katalog der Porträte. Vor seinem Amtsantritte waren einige
durchgreifende Umgestaltungen auf diesem Gebiete vorgenommen worden, ohne durch entsprechende
Correcturen der Kataloge zu Ende geführt worden zu sein. Mit grossem Eifer und nicht geringerer
Selbstlosigkeit machte sich Chmelarz an die mühselige und undankbare Arbeit, die Incongruenzen
dieser Umgestaltungen zu bekämpfen, und es gelang ihm, ihrer fast völlig Herr zu werden. Die von
langer Zeit her aufgelaufenen Rückstände hinterliess er um einen beträchtlichen Theil vermindert.

Chmelarz' Charakter als Mensch war derart, dass ihm fast Jeder Freund war, der ihn kannte;
und wer das Glück hatte, ihm näher zu treten, wird die Erinnerung an ihn zeitlebens im Herzen be-
wahren.

Der Eindruck seiner Person war ein ungemein einnehmender. Freundliche und von Leben
sprühende Augen standen über den scharfgeschnittenen Linien des Mundes, die den ernsten Grundzug
seines Wesens verriethen. Seine Gestalt, fast unter-mittelgross aber durch eine immer tadellose, stramme
Haltung gehoben, war bis in die Zeiten seines Leidens hinein von grosser Elastizität und Beweglich-
keit. Es war ihm eine natürliche Liebenswürdigkeit gegeben, die sofort gewann. Seine temperamentvolle
Rede war nicht fliessend und gewandt aber immer der klare, treffende Ausdruck einer lebendigen Vor-
stellung; Redensarten waren ihm fremd. Gern liess er sich von seinem Gegenstande hinreissen, immer
mehr zu Enthusiasmus als zur Kritik neigend. Selten war er gegen eine Sache oder Person ganz ab-
sprechend; dann aber geschah es in der Regel mit einem Ausbruche von Heftigkeit, der ihm offenbar
selbst Schmerz bereitete. Am meisten schien er sich selbst zu gehören in Augenblicken naiver Fröh-
lichkeit. Melancholischen Regungen aber schien er selbst in den traurigen Zeiten unzugänglich, wo die
schreckliche Krankheit, der er schliesslich zum Opfer fiel, schon an ihm nagte. Gegen Collegen und
Untergebene war er immer entgegenkommend, freundlich, an ihren Schicksalen warmen Herzens theil-
nehmend, im Umgang mit Jedermann wohlwollend und hilfbereit.

Von äusseren Erlebnissen ist noch nachzutragen, dass Chmelarz am 18. November 1895 zum
ersten Custos und am 22. December 1896 zum Vicedirector der Hofbibliothek ernannt wurde. Um diese
Zeit überstand er seinen ersten Krankheitsanfall, der ihn zwang, durch vier Monate dem Berufe fern-
zubleiben. Zurückgekehrt, widmete er sich mit der alten Hingebung dem Dienste. Die alte Spann-
kraft hatte ihn freilich verlassen. Seit dem Anfang des Jahres 1898 mehrten sich die Symptome der
Krankheit, gegen die er mit hartnäckiger Festigkeit einen verzweifelten Kampf kämpfte. Im Sommer
desselben Jahres erfolgte dann der volle Ausbruch seines Leidens, der ihn zum Rücktritt von jedweder
Thätigkeit zwang. Nachdem er am 12. August 1899 in den dauernden Ruhestand getreten war, wurde
er am 12. October durch einen sanften Tod von seinem schrecklichen Scheinleben erlöst, mit hingebungs-
voller Treue von seiner Gemahlin gepflegt, mit der ihn eine 14jährige Ehe verbunden hatte. Das
Bild seines Lebens würde eines wesentlichen Zuges entbehren, würde nicht des Glückes Erwähnung
gethan, das ihm aus dieser Ehe mit einer hochgebildeten, sein ganzes Gedankenleben mitlebenden
Frau erblühte.

Friedrich Dörnhöffer.

XXII.

37
 
Annotationen