Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Glück, Gustav: Aus Rubens' Zeit und Schule: Bemerkungen zu einigen Gemälden der kaiserlichen Galerie in Wien
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0028
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
22

Gustav Glück.

Fig. 14. Frans Wouters, Landschaft.
Originalradierung.

fanden, was uns Horace Walpole in seinen Anecdotes of painting in England nach älteren Aufzeichnun-
gen mitteilt. In diesen Kreis von Arbeiten gehören ohne Zweifel zwei kleinere Gemälde des Künst-
lers, die sich noch heute im königlich englischen Besitze erhalten haben: ein Tanz von Amoretten und
eine Landschaft mit einem Regenbogen, beide in der Galerie zu Hampton Court bei London (Nr. 626
und Nr. 65 1, Fig. 10 und 11). Es sind kleine Bildchen, in denen sich Rubens' Einfluß viel deutlicher zeigt
als auf jener dekorativen Landschaft von i636. Der Gegenstand des ersten der beiden Bilder, der Amo-
rettentanz, ist freilich ein Lieblingsstoff von Wouters' erstem Lehrer Peter Van Avont, dessen Spezia-
lität die Darstellung von Kindergruppen war und dem man deshalb den Namen eines «vlämischen
Albano» gegeben hat. Mag auch Wouters hier eine Erinnerung an seinen ersten Lehrer vorgeschwebt
haben, so sind doch seine Kindlein von einer ganz anderen Rasse als die zarten, etwas gezierten Püpp-
chen Peter Van Avonts; es sind lebendige, kräftige, kleine Gestalten, die viel mehr an den von Rubens
geschaffenen Typus erinnern. Eine Fülle von Beispielen dieses Typus bieten die Kinderfriese auf der
Decke des Bankettsaales im Palaste von Whitehall, die Wouters vielleicht in Rubens' Werkstatt hatte
entstehen sehen und die er jedenfalls während seines Aufenthaltes in London täglich vor Augen haben
konnte. Auch Rubens' entzückende tanzende Kinder auf dem berühmten Venusfest der Wiener Galerie
können ihm als Vorbild gedient haben. Solche Motive haben Rubens' Schüler mit Vorliebe ihrem
Meister entlehnt, am glücklichsten vielleicht der Bildhauer Lukas Faydherbe in seinen höchst anmutigen
Elfenbeinschnitzereien (vgl. Chr. Scherer, Elfenbeinplastik seit der Renaissance, S. 3g). Dieselbe wahre
Freude an der Darstellung der Kinderwelt zeigt auch Wouters in dem Bildchen der Galerie zu Hampton
Court. An Rubens erinnert hier noch die Scheidung der Figuren in zwei ungleichgrof3e Gruppen. Vor-
züglich ist die Landschaft, die den größten Teil des Bildes einnimmt; sie zeigt schon zwei Kompo-
sitionsweisen, die in Wouters' späteren Werken typisch sind. Das zweite Bildchen der Galerie zu
Hampton Court, die Landschaft mit dem Regenbogen, stammt mit voller Sicherheit aus der Galerie
 
Annotationen