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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Aus Rubens' Zeit und Schule: Bemerkungen zu einigen Gemälden der kaiserlichen Galerie in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0032
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26

Gustav Glück.

ebenbürtig geworden war. Ein bezeichnendes Werk Frans Wouters' aus der gleichen Zeit seines Schaf-
fens ist endlich eine Landschaft, die als Staffage Niobe mit ihren beiden jüngsten Kindern von Diana
verfolgt enthält, in der Liechtenstein'schen Galerie zu Wien (Nr. 6g3, unter dem Namen Peter Van
Avonts, gegenwärtig nicht mehr ausgestellt).

In das letzte Jahrzehnt der Tätigkeit des Künstlers, der schon 1659 eines plötzlichen Todes starb,
scheinen mir einige Gemälde zu gehören, die sich enge an die oben genannten Werke anschließen,
dabei aber doch eine etwas veränderte Auffassung verraten. Die Neigung zum Zierlichen führt hier
den Meister fast zur Übertreibung, die Ausführung wird überaus sorgfältig, beinahe kleinlich, die
malerische Behandlung, besonders des nackten Körpers, zeigt eine unangenehme emailartige Glätte, die
an Adriaen Van der Werff erinnert, die Bewegungen der Figuren werden manieriert, nur die Land-
schaft behält noch ihren alten Reiz. Bezeichnete Werke dieser späten Periode sind die Gemälde: Venus

in Verzweiflung beim Anblick des ver-
wundeten Adonis in der königlichen
Galerie zu Kopenhagen (bezeichnet F.
W. P., Fig. 15) und der Raub Europas,
eine Darstellung, bei der ein Motiv der
venezianischen Malerei des XVI. Jahr-
hunderts benutzt worden ist, im herzog-
lichen Museum zu Gotha (bezeichnet
W., Fig. 16). Genau denselben Stil er-
kennen wir nun in dem oben genannten
Gemälde der kaiserlichen Galerie, das
Diana im Walde schlafend darstellt
(Fig. 7). Die Behandlung des Nackten,
des Gewandes und auch der Landschaft
stimmt vortrefflich zu jenen beiden be-
Fig. 17. Frans Wouters, Vanitas. zeichneten Arbeiten. Das schönste Werk

Antwerpen, Museum. dieser Zeit besitzt die Liechtenstein'sche

Galerie in einer fälschlich Peter Van
Avont zugeschriebenen Pomona mit drei Genien, die ihr Blumen und Ähren bringen. Vergleicht man
diese kleine Figur der Pomona mit der halblebensgroßen des Liller Museums, so staunt man, wie weit
sich der Künstler hier von den strengen Formen seines großen Lehrers entfernt hat, die ihm noch bei
dem Liller Bilde als Vorbild gedient hatten. Dennoch klingt etwas von Rubens' Art auch auf dem
Liechtenstein'schen Gemälde nach in dem entzückenden landschaftlichen Hintergrunde mit dem wohl-
gepflegten Garten und dem großen schönen Springbrunnen, der uns ein Bild davon gibt, wie hoch sich
die vlämische Plastik unter Rubens' mächtiger Anleitung entwickelt hat.

Von Wouters' Tätigkeit als Kunsthändler scheint mir ein kleines Bildchen der Pester Landes-
galerie (Nr. 549) zu zeugen, das Juno in der Unterwelt vorstellt. Weder die Komposition noch die
einzelnen Figuren haben die geringste Ähnlichkeit mit Wouters' beglaubigten Bildern. Dagegen erinnert
das kleinfigurige Bildchen stark an ähnliche Darstellungen Jan Brueghels des Alteren, wie sie uns z. B.
in der Dresdner Galerie erhalten sind. Mir scheint es daher sehr wahrscheinlich, daß Wouters hier ein
Gemälde Jan Brueghels kopiert hat, das ja durch den Kunsthandel leicht in seine Hände gelangen
konnte. Wäre das Pester Bild nicht mit der Bezeichnung «F. W. fecit» versehen, so käme man wohl
schwerlich auf den Gedanken, daß es ein Werk Wouters' sein könnte.

Es konnte hier nicht unsere Absicht sein, eine auch nur annähernd vollständige Aufzählung der
heute vorhandenen Werke Frans Wouters' zu bieten.1 Die angeführten Beispiele mögen genügen, um

*) Eine Anzahl von Bildern, die von früheren Forschern erwähnt werden, habe ich nicht gesehen. Es sind haupt-
sächlich die folgenden: ein Bacchanal im Besitze der Matschappy Artibus Patriae in Antwerpen (ausführlich beschrieben von
Van den Branden, a. a. O., p. 205), ein Priapus-Opfer im königlichen Schlosse zu Berlin (M. Rooses, Geschichte der Maler-
 
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