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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Aus Rubens' Zeit und Schule: Bemerkungen zu einigen Gemälden der kaiserlichen Galerie in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0048
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42

Gustav Glück.

VI. Die beiden Quellinus.

Von Erasmus Quellinus (1607—1678), einem der feinsinnigsten und gebildetsten von Rubens'
Schülern und seinem Nachfolger in den Arbeiten für die Plantinsche Offizin, besaß Erzherzog Leopold
Wilhelm nur zwei Werke. Eines davon, eine 1643 gemalte Darstellung Achills unter den Töchtern
des Lykomedes, ein kleinfiguriges Gemälde von gefälliger Erfindung, hat sich in der fürstlich Liechten-

steinschen Galerie in Wien erhalten
(Th. von Frimmel, Geschichte der
Wiener Gemäldesammlungen I, S.
153). Das zweite war die Grisaille-
figur Mariä, die Quellinus in eine
Blumenumrahmung Jan Philips Van
Thielens hineingemalt hatte.1 Dieses
Bild ist noch heute in der kaiser-
lichen Galerie vorhanden (Nr. 1108,
Taf. V, bezeichnet J. P. Van Thielen
Rigouldts, F. Ano 1648). In einer
Steinnische, die von einer ganz im
Geiste Rubens'scher Dekorationen
gestalteten Cartouche umgeben wird,
steht die Marmorfigur der sitzenden
und von ihrem Kinde liebkosten
Maria. Die Komposition und die
Formen sind von edlem Geschmack,
die einfache und wirkungsvolle Be-
handlung des Gewandes verrät das
Studium der Antike, das Quellinus
ebensowenig verabsäumt hat wie
sein großer Lehrer. An der Car-
touche sind vier große Blumen-
sträuße befestigt, die von Jan Philips
Van Thielen gemalt sind. Gemein-
same Arbeiten der beiden Künstler
kommen auch sonst vor, was sich

Fig. 3o. Erasmus Quellinus, Die Kreuzigung des heil. Petrus. leicht durch ihre Verwandtschaft er-

Wien, kaiseri. Gemäldegalerie. klärt: ihre Frauen waren Schwestern.

So ist zum Beispiel in einem Ge-
mälde des Brüssler Museums (Nr. 438 a, Wouters 421, dort Erasmus Quellinus und Daniel Seghers zu-
geschrieben) die Steinfigur des segnenden Heilandes von Quellinus gemalt und die Blumenumrahmung
dazu von Van Thielen, was durch den Vergleich mit dem Bilde der Wiener Galerie zur Gewißheit wird.

Erasmus Quellinus scheint mir auch der Maler der kleinen Olskizze mit der Kreuzigung Petri
in der kaiserlichen Galerie zu sein (Nr. 1069, Fig. 3o, bisher irrtümlich als Marter des heil. Andreas
gedeutet). Diese Skizze, die erst zu Anfang unseres Jahrhunderts erworben worden ist, wird gegen-
wärtig Erasmus' Sohne Jan Erasmus (1634—1715) zugeschrieben; Van den Branden führt sie aber, wie
ich glaube, mit vollem Recht unter den Werken des Vaters an. Für diesen spricht der enge Anschluß

1 «i3g. Ein Stuckh von Öhlfarb auff Leinwath graw in graw, warin vnser liebe Fraw siezt vnd hatt dasz Khindl Jesu
auf ihrem linckhen Armb, welches seine Mutter mit der rechten Handt bei der Kinn hatt, rundtumbher gezierth mit vier
Fcstonen von vnderschiedliche Blumen. In einer schwartzen, glatten Ramen, hoch 8 Span 6 Finger vnndt 7 Span I Finger
braith. Original von Erasmo Quillinio, die Blumen aber von von Thienen, Mahler von Antorff.»
 
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