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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Stiassny, Robert: Altsalzburger Tafelbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0066
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Robert Stiassny.

stimmte Kolorit hat jedoch mehr Kraft, die Mo-
dellierung mehr Rundung, die Karnation ist
wärmer als auf dem Pfenning-Bilde. Im Gefälte
überwiegen wie dort weichgezogene, sanftge-
schweifte Linien. Weil die Gestalten der Vor-
derreihe hell beleuchtet heraustreten, die weiter
zurückstehenden aber nicht nur perspektivisch
verjüngt sondern auch durch einen leichteren
Luftton von ihnen unterschieden sind, weicht
der Raum tatsächlich zurück, ist eine ganz an-
dere Bildtiefe gewonnen als in Wien. In der
breiteren Entfaltung des Schauplatzes, dem besse-
ren Gleichgewicht der Massen liegt der Haupt-
vorzug des Dombildes.

Es ist zuerst von Eitelberger im Reperto-
rium für Kunstwissenschaft 1882, S. 3i8 ff., mit
einer eingehenden Untersuchung bedacht und
in den Graphischen Künsten desselben Jahres,
S. 87, in einer Zeichnung von Pirner veröffent-
licht worden. Die Verwandtschaft mit dem Ge-
mälde der kais. Galerie blieb Eitelberger so
gut wie Janitschek verborgen, der in der Ge-
schichte der deutschen Malerei, S. 3o2 f., dessen
Ausführungen sich anschloß. Erst Joh. Graus
stellte die Beziehung fest, um, unter sorgsamer
Aufzählung der Vergleichspunkte, die Grazer
Kreuzigung für Pfenning in Anspruch zu neh-
men. 1 Mit dieser Zuschreibung war das Bild
wenigstens in die richtige Gesellschaft gekom-
men. Graus selbst aber hat im Hinblick auf
zwei früher von ihm verkannte Namensinschrif-
ten des Werkes seine Taufe seither aufgegeben.
Auf der Feldflasche des absonderlich gekleideten
Kriegsknechtes, der Christus den Essigschwamm
hinaufreicht, ist nämlich das bekannte Maler-
wappen angebracht, in dessen unterem Schild-
lein man den Namen: LAIB liest (Faksimile 2). Und er findet sich nochmals eingraviert am Har-
nischkragen des jüdischen Großen, unter dem Kreuze des guten Schächers, inmitten einer längeren
Legende, von der sonst nur das Wort MARIA zu entziffern ist (Faksimile 3). Eitelberger teilte
diese Doppelsignatur zwar in Faksimiles mit, erklärte das Künstlerwappen aber für einen bloßen
Zierat und legte auch der zweiten Inschrift, trotz der auffälligen Wiederholung desselben Wortes,
keine Bedeutung bei. Die Meinung, daß hier der Maler sich selbst genannt habe, wagte sich erst neuer-
dings ans Licht in einem Aufsatze über die Kunst in Steiermark, den J. Wastler zu dem Sammelwerke
«Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild» beigesteuert hat.2 In der Tat duldet es
keinen Zweifel, daß der Urheber der Grazer Tafel Laib geheißen hat. Er hat seinen Namen in dersel-
ben ornamental verkappten, spielerischen Art auf die Nachwelt gebracht wie Pfenning. In seinem

Fig. 4.

C. Laib, Kreuzigung (Ausschnitt).
Graz, Domkirche.

1 Kunstchronik 1891, Sp. 559 ff., und Kirchenschmuck 1891, S. 61 ff.
3 Bd. VII, 332.
 
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