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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Stiassny, Robert: Altsalzburger Tafelbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0070
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64

Robert Stiassny.

Fig. 6. Kopf der Madonna
von der Rückseite
des Todes Marias.

Großgmain, Pfarrkirche.

Einfluß vorzuherrschen beginnt. Während diesen z. B. das 1521 datierte Altär-
chen aus der Salinenkapelle zu Reichenhall im Bayerischen Nationalmuseum
(Saal XXII) schon deutlich zur Schau trägt, schließen sich die etwas älteren
Altarflügel aus Vigaun bei Hallein im Salzburger Museum (Saal XXIV) noch an
die Manier eines Zeitblomschülers an, des sogenannten Meisters des heil. Qui-
rinus. Zeitblom selbst sind die längste Zeit die vier Marienbilder von 1499 in
der Pfarrkirche von Großgmain bei Reichenhall zugeschrieben worden, zweifel-
los das Beste, was von spätgotischer Malerei im Lande übrig ist.1 Durch ihre
zarte und sinnige Auffassung, die einnehmenden Typen und die brillante Fär-
bung fallen die vielbesprochenen Darstellungen in der Tat aus dem Rahmen
der bayerisch-österreichischen Malerei heraus, ohne daß es bisher gelungen wäre,
sie in einer anderen Schule unterzubringen (Taf. IX—XII).
Auf Zeitblom wurde man zunächst durch einen äußerlichen Grund geführt. Der Obersthofmeister
am Hof von Salzburg, Graf Laktanz Firmian (gest. 1786), hatte auf dem von seinem Oheim, dem

Erzbischof Leopold Anton Grafen von Firmian, geerbten Schloß
Leopoldskron eine Bildersammlung angelegt, in der sich auch sechs
Rötelzeichnungen mit dem Monogramm B Z befanden. Es waren
Studien eines deutschen Wandermalers aus Oberitalien nach Gemäl-
den Squarciones, Mantegnas, Vivarinis, Borgognones, zum Teil mit
Inschriften und Ortsangaben von Venedig, Padua, Verona, Pavia,
datiert 1492 und 1500. Diese merkwürdigen Blätter kamen bei der
Versteigerung der Kunstwerke des Schlosses im Jahre 1802 an einen
Salzburger Händler, der sie ins Ausland verkaufte, wo sie bis heute
leider verschollen blieben.2 Indem man nun die Initialen B Z ohne
Recht auf Bartholomäus Zeitblom bezog, gelangte man zu der noch
willkürlicheren Folgerung, der Ulmer Meister hätte auf der Wander-
schaft im Salzburgischen geweilt und bei der Gelegenheit die Groß-
gmainer Bilder gemalt. Bestärkt sah man sich in dieser Vermutung
durch die damalige Uberschätzung Zeitbloms, der als der «deutscheste
der deutschen Maler» gefeiert wurde, weil er einer der wenigen war,
die man überhaupt näher kannte. In Wahrheit ist Zeitblom aber
weit trockener, steifer und einförmiger, besitzt nicht soviel Seele
und Nerv, nicht den malerischen Zug des Großgmainers. In der Dar-
stellung des Todes Marias wollte man eine speziell schwäbische
Kunstsitte darin erblicken, daß die Jungfrau nicht wie gewöhnlich im
Bette stirbt sondern kniend vor ihrem Betpulte. Diese Anordnung
kommt jedoch auch anderwärts in Oberdeutschland vor, im Salz-
burgischen selbst z. B. auf einem silbernen Reliquienschreine von
1443 in der Kirche Mariapfarr zu Tamsweg im Lungau, einem Grab-
stein von 1485 im Kreuzgang der Stiftskirche in Laufen, auf einem
Schnitzwerk aus Salzburg in der Wiener Sammlung Figdor.

Eine fremde Herkunft unserer Bilder ist aber vor allem darum
wenig wahrscheinlich, weil die zehn Gebote über dem Altartisch der
Darbringung, wie J. Langl ermittelt hat, im bayerischen Dialekt geschrieben sind.3 Noch klarer erhellt
die Landsmannschaft des Malers von Großgmain aus einer Reihe anderer Arbeiten, deren Zusammen-
gehörigkeit mit seinem Hauptwerk nicht länger verkannt werden kann. An ihrer Hand lohnt sich sogar

Fig. 7. Weibliche Figur von der Rück
seite der Darbringung Christi.
Großgmain, Pfarrkirche.

1 Vgl. Pezold, Deutsches Kunstblatt 1852, S. 72 ff., und G. Dahlke, Repertorium für Kunstwissenschaft 1880, S. 335 &

2 Kunstblatt 1852, S. 74, und R. Vischer, Studien, S. 424 f.

3 Zeitschrift für bildende Kunst 1890, S. 3og f.
 
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