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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Premerstein, Anton von: Anicia Iuliana im Wiener Dioskorides-Kodex
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0117
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Anicia Iuliana im Wiener Dioskorides-Kodex.

I I I

Faksimile der Schriftreste, wie sie, zum Teil mit Zuhilfenahme der Lupe, sich erkennen lassen, und
meine Herstellung des Akrostichs.

>k 'lov ' d6%aiai[v üvaaoa ?]
['Ov](oqät[tti a] &[ya]d-[al]g 7t[ä]a[aig]

'Tfivodffiv v.(ai) dofö&tovaiv].
Aallaai (= lalrjoai) yäg slg itäaa[v] yrjv
5 ["Ij^a 1) iieyaXo[ip]vxia

'AvLY.rjmfv], S)v ysvofg] nikeig'
Nadv [yceg] x[vq]Iov ijytQag (— ijyeiQag)
vAviü [fCQOsußJävTa v.al xaAwg.

In wörtlicher Ubersetzung: «Juche! Mit allen guten Ruhmessprüchen besingt und rühmt [dich,
o Herrscherin], (die Stadt) Honoratae. Denn zu dem ganzen Erdkreis zu sprechen treibt sie die
Großherzigkeit der Anicier, deren Sproß du bist. Denn einen Tempel des Herrn erbautest du, der
hoch emporstieg und herrlich.»

Ich bespreche zunächst einige Einzelheiten der Lesung und Ergänzung.

Das den Beginn des Textes markierende Kreuz,1 wie es in Z. i steht, kehrt in dieser Handschrift
fol. 7V vor dem Buchtitel wieder. Die Lücke zu Ende von Z. i gestattet nur eine Ausfüllung dem Sinne
nach; entscheidende Reste sind nicht vorhanden.

In Z. 2 sind die wesentlichen Elemente für die Herstellung ['Ov]wpä-:[ai] hinlänglich gesichert,
das verlorene 0 als Anfangsbuchstabe durch das Akrostich, während Q, P, A, T ziemlich gut erkenn-
bar sind; zur Sache ist die unten (S. n3) angeführte Nachricht des Theophanes zu vergleichen. Nicht
ganz klar ist die vor dem zweiten erhaltenen A über der Zeile sichtbare kleine Rundung; vielleicht
ist sie auf ein Versehen des Restaurators zurückzuführen (oben, S. no).

In Z. 3 beachte man die Ligatur von M und N in üjj.vouaiv, die auch in der späteren griechischen
Epigraphik häufig erscheint, und die Abkürzung von y.ai, die in dieser Form auch im Texte des Dios-
korides vorkommt. Von dem ZOY in So^ai^ouo-cv sind charakteristische Reste erhalten; die Verbindung
ü|j.veTv v.tx\ Soi;d££tv ist namentlich der griechischen Liturgie sehr geläufig.

In Z. 4 ist XaXiaai wohl Itazismus für XaXrjcai; ein Verbum XaXflJetv ist meines Wissens nicht be-
zeugt. Die zwei undeutlichen Zeichen am Ende von Z. 4 sind mißverständlich bei der Ubermalung
hinzugefügt worden.

Die Ergänzung [t]?)c' in Z. 5 Anf. ist durch das Akrostich gesichert; Tv}{At mit dem Infinitiv eines
Verbums belegen die Lexika.

In Z. 6 steht deutlich ANIKHQPÜN da; ebenso sicher ist aber 'Avtx^(o[v], £>v zu emendieren; eine
Umsetzung des lateinischen Genetivs Aniciorum in 'Aviy.r;iöp<i>v dürfte zu dieser Zeit wenigstens aus-
geschlossen sein.

In Z. 7 passen die Reste nach vabv doch nur zu FAP; die etwas schleppende Wiederholung dieser
Partikel in Z. 4 und Z. 7 hat in einem Machwerk dieses Schlages nicht viel zu besagen.

In Z. 8 sind die Reste ANTA wohl mit vabv (Z. 7) zu verbinden und, wie die nähere Bestimmung
durch Adverbien ä'vw . . . y.ai y.aXw; erwarten läßt, als Partizip eines Zeitwortes herzustellen. Nach

1 Zu dieser Verwendung, für die das älteste Beispiel eine christliche Inschrift vom Jahre 407 zu sein scheint, vgl.
J. Wilpert, L'Arte I (1898), p. 120.
 
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