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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0012
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Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms.

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in der kaiserlichen Galerie, wie eine Abbildung in Stamparts und Prenners gestochenem Bilderinventar
beweist. Das Original, das Dürer im Jahre 1507, wahrscheinlich in Venedig, gemalt hat und das in
der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts noch in Nürnberg, in der Imhofschen Sammlung, war, befin-
det sich heute im Berliner Museum (Fig. 2).

Ebenfalls als Kopie nach Dürer bezeichnet ist ferner: «Ein Contrafait von Ohlfarb auf Holcz des
Kaysers Maximiliani mit einem schwartzen Klaidt vnndt Kappel, darauff ein Kleinodt, vnd vber dasz
Klaidt den güldenen Fluesz . . . Nach Albrecht Dürer.» (Mahlerey von teütsch vnndt niderländischen
Mahleren Nr. 578.) Dieses Bildnis hat sich noch heute im Vorrate der kaiserlichen Galerie erhalten
(Fig. 3); es ist eine trockene, mittelmäßige deutsche Arbeit, etwa um 1530 gemalt, und zwar mit freier
Benützung des bekannten Porträts, das die kaiserliche Galerie von Dürers eigener Hand besitzt. Noch
näher steht es in manchen Einzelnheiten der Zeichnung dem Leimfarbenbilde des Germanischen Mu-
seums,1 das wir mit einiger Wahrscheinlichkeit, wenn auch nicht mit voller Sicherheit als Original von
Dürer betrachten können. Hier trägt der Kaiser auch — freilich in viel feinerer Ausführung — das gol-
dene Vlies mit der Kollane, das auf dem mit Recht berühmteren Bilde fehlt.

Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7.

Handzeichnungen von Dürer.

Was sonst noch von Dürer zugeschriebenen Werken aus der Sammlung des Erzherzogs erhalten
ist, gehört in das Gebiet der Nachahmungen oder der eigentlichen Fälschungen. Es ist merkwürdig,
wie bunt und verschiedenartig die ganze Reihe von Dingen, die hier Dürers Namen trugen, uns heute er-
scheint. Einige von diesen Nachahmungen gehören wahrscheinlich noch in die erste Hälfte des XVI. Jahr-
hunderts. Man hat ja Dürer schon nachgeahmt, kaum daß er die Augen geschlossen hatte. Hierher ge-
hört eine nicht uninteressante Handzeichnung, im Inventar folgendermaßen beschrieben: «Ein mitter
Stückhel, warin das Leben vnser lieben Frawen, vnderschiedlich auszgethailt. Au ff blaw Papier mit der
Feder gerissen, weisz vnndt praun schattiert. Von Albrecht Dürer.» (Vertzaichnusz der Zaichnungen
vnd Handtrüsz Nr. 178.) Dieses Blatt befindet sich heute in der Sammlung von Handzeichnungen und
Aquarellen im II. Stock des kunsthistorischen Hofmuseums (Taf. I), und zwar in einem merkwürdigen
Zustande: es ist auf Holz geklebt und wie ein Ölbild gefirnißt worden, wodurch es natürlich stark
nachgedunkelt ist.2 Die Formengebung stimmt nicht zu der Dürers, obwohl das Äußerliche seiner
Technik nicht ungeschickt nachgeahmt ist; wahrscheinlich stammt das Blatt von einem gegen die Mitte
des XVI. Jahrhunderts tätigen Nürnberger, der noch unter Dürers Einfluß steht. Auffallend ist nicht
nur die Anordnung des Zyklus des Marienlebens sondern auch die Auswahl der einzelnen Darstellun-
gen; die Szenen der Hochzeit zu Kana und die Himmelfahrt Christi passen jedenfalls nicht in das
Marienleben sondern gehören zur Passion oder zur Lebensgeschichte Christi.

1 Zu diesem vergl. H. Stegmann, Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum, 1901.

2 Vgl. Ed. v. Engerth in diesem Jahrbuche III, 188;, S. 79.
 
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