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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0016
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Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms.

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von Dürer benutzt und da diese ihm offenbar bei der Ausführung des Gemaides noch vorlagen, hat er
sich in dem Entwürfe des Ganzen mit einer Andeutung begnügt. Zu dem Kopfe Christi hat er
aber nicht die schöne Studie zu dem entsprechenden Kopfe des Barberinischen Bildes benützt, die die
Albertina besitzt und die Hofmann selbst in einer Zeichnung der Pester Nationalgalerie getreu kopiert
hat1 (Lippmann Nr. 499), sondern den aufwärts blickenden, jugendlichen Kopf, der sich ebenfalls in
der Albertina befindet (Lippmann Nr. 496, Fig. 6) und der ursprünglich mit der Studie zum Barbe-
rinischen Christus auf einem Blatt
vereinigt war;2 für die Hände und
den Ärmel Christi sowie für die
auf das Buch gestützten Hände
des Alten links hat er die ent-
sprechenden Zeichnungen zum
Barberinischen Bilde verwendet,
die heute noch in der Sammlung
Blasius in Braunschweig erhalten
sind (Fig. 5 und 7). Alle diese
Zeichnungen befanden sich ohne
Zweifel gegen Ende des XVI. Jahr-
hunderls in der Sammlung Kaiser
Rudolfs II. in Prag und sie stan-
den dem Hofmaler des Kaisers
offenbar zur freien Verfügung. Die
Art, wie die Zeichnungen Dürers
verwendet sind und wie das Ganze
kompiliert erscheint, erinnert uns
sehr an die früher besprochenen
Flügel aus der Sammlung Leo-
pold Wilhelms. Und wenn auch
hier die Urheberschaft Hofmanns,
ebenso wie etwa bei dem ganz
ähnlich kompilierten Umrißstich
der Kreuzigung,3 vorläufig nicht
mit Sicherheit nachgewiesen wer-
den kann, so besteht doch kein
Zweifel, daß die Flügel in den
Kreis der Dürerfälscher der rudol-
finischen Zeit gehören. Hofmann

war jedenfalls der geschickteste von diesen allen und hat darin kaum einen anderen Rivalen, höchstens
den am Hofe Maximilians von Bayern tätigen Joh. Georg Fischer, der im Auftrage seines Herrn
verschiedene Kompilationen aus Dürerschen Werken schuf und dem wir vielleicht die höchst geschickte
Übermalung des Paumgartnerschen Altars zu danken haben,4 die uns einen ganz falschen Begriff von
Dürers Stil gab, bis bekanntlich vor kurzem von dem damaligen Konservator Dr. Voll die Entfernung

Fig. 10. Maria mit dem Kinde.
Berlin. Kaiser Friedrich-Museum.

1 Publiziert in Schönbrunners und Meders Handzeichnungen, Nr. 1436.

2 Die Zugehörigkeit dieses aufblickenden Kopfes zum musizierenden Engel des Rosenkranzfestes hat H.Wölfflin (a. a. O.,
S. 12g, Anm. 2), wie wir glauben, mit Recht bezweifelt. Auf dem Originale ist freilich der Kopf des Engels fast völlig zer-
stört, doch scheinen die älteren Kopien Wölfflins Zweifeln recht zu geben.

3 Über diesen unterrichtet die wertvolle Studie Jaro Springers: Jahrbuch der preußischen Kunstsammlungen VII.
1887, S. 56.

4 Karl Voll schreibt diese Übermalung neuerdings (Führer durch die Pinakothek, München 1908, S. 83) nicht J. G.
Fischer, sondern Hans Brüderl zu.

XXVIII. 2
 
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