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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0017
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IO

Gustav Glück.

der Übermalung durch Professor Hauser veranlaßt wurde. Hofmann war besonders geschickt im Kopie-
ren von Dürerschen Handzeichnungen. Auf den ersten Blick wirken seine Nachahmungen der Dürer-
schen Tuschzeichnungen, auf blauem Grunde mit Weiß gehöht, fast wie Originale; nur ein Vergleich
mit den Originalzeichnungen Dürers selbst lehrt uns bei genauem Zusehen, wie sehr die Hofmannsche
Zeichnung der Dürerschen an Kraft und Konsequenz der Formengebung nachsteht.

Die Kunstrichtung am Hofe Kaiser
Rudolfs II. hatte überhaupt eine ausge-
sprochene Neigung zum Retrospektiven.
Es wurde damals in Prag sehr viel ko-
piert. Neben Hofmann waren hier auch an-
dere Künstler als Nachahmer Dürers tätig.
Wir möchten beispielsweise nur auf ein
Werk hinweisen, weil es sich, obwohl
nicht aus der Sammlung Leopold Wil-
helms stammend, im Vorrate der kaiser-
lichen Galerie befindet. Es ist eine Ma-
donna mit dem Kinde in zarten Aquarell-
farben, mit Gold gehöht, auf Pergament,
das auf Holz geklebt ist (Taf. IV). Dieses
Bild erscheint schon unter Dürers Namen
in einem Inventar der Wiener Kunst-
kammer,1 das kurz nach dem 28. Juni 1619
verfaßt ist: «Ein tafel von miniatur, ist ein
weib mit einem saigenden kind von Al-
brecht Dürer. 1484.» Und doch sollte man
meinen, daß der eigentliche Maler des Bil-
des noch am Hofe bekannt gewesen sein
könnte: eine alte Inschrift der Rückseite
des Bildes nennt den Namen: «Von daniel
freschel.» Dieser Daniel Fröschel oder
Fröschlein, geboren zu Augsburg am 7. Mai
1563 als Sohn des kunstsinnigen Advoka-
ten Dr. Hieronymus Fröschel und seiner Gat-
tin Ursula Ehern, die dem bekannten Augs-
burger Patriziergeschlecht entstammte,2
war Hofminiaturmaler und Hofantiquar
Kaiser Rudolfs II. gewesen und erst 1613
gestorben, ein Jahr nach dem Tode seines kaiserlichen Herrn. Es ist merkwürdig, wie schnell es in
Zeiten, denen historisches Interesse fehlt, mit der Verfälschung historischer Tatsachen geht. Freilich
hat hier das Monogramm und die Jahreszahl 1484 auf diesen Irrtum geführt, der gewiß nicht vom
Maler beabsichtigt war. Die Originale von Dürer, die Fröschel für sein Bild benützt hat, sind leicht zu
finden; sie sind beide in der Albertina: die Madonna ist nach einer Kohlenzeichnung Dürers von 1512
(Taf. V) kopiert, das kleine rechts unten sichtbare Medaillonporträt des jungen Dürer im Alter von
i3 Jahren nach der berühmten Zeichnung von 1484. Dieses Porträt Dürers, das rührende Denkmal

Fig. 11. Maria mit dem Kinde.
Schloß Bürgclstein bei Salzburg, Sammlung des Herrn C. A. Reichel.

1 Veröffentlicht von W. Köhler in diesem Jahrbuche XXVI, 1906/1907, S. I.

2 Diese urkundlichen Daten verdanken wir der Güte des Herrn Dr. Friedrich Roth in München. Ober Daniel Frö-
schel vgl. auch Döring, Des Augsburger Patriziers Philipp Hainhofer Beziehungen zum Herzog Philipp IL von Pommern-Stettin,
Wien 1894, und Des Augsburger Patriziers Philipp Hainhofer Reisen nach Innsbruck und Dresden, Wien 1901. Ober die
Kunstbestrebungen seines Vaters Hieronymus Fröschel vgl. W. Schmidt, Repertorium für Kunstwissenschaft XXXI, S. 244.
 
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