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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0019
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I 2

Gustav Glück.

den Händten hält.» (Mahlerey von teütsch vnndt niederländischen Mahleren Nr. 612.) Man wird
durch diese Beschreibung sofort an einige Madonnen Dürers erinnert, aber nur ein Dürer zugeschrie-
benes Bild stimmt ganz zu der Beschreibung: ein Gemälde in der Sammlung des vor kurzem verstor-
benen Konsuls Weber in Hamburg (Fig. 9). Dieses stimmt auch genau mit dem in Stamparts und
Premiers Bilderinventar abgebildeten der Sammlung Leopold Wilhelms überein; ob es dasselbe Exem-
plar ist, kann man natürlich nicht mit voller Bestimmtheit sagen. Jedenfalls scheint uns das Stück
der Weberschen Sammlung eine Fälschung vom Anfang des XVII. Jahrhunderts zu sein. Der erste

Eindruck ist der eines übermalten
Bildes von Dürer selbst. Aber
gerade dieser Eindruck ist ein
Charakteristiken der Fälschungen
aus jener Zeit; denn ein Original
von Dürer ist selten so schlecht
erhalten, daß es eine gänzliche
Übermalung verlangte. Selbst bei
dem so sehr zerstörten Prager
Rosenkranzfest ist dies nicht der
Fall. Die Farben des XVII. Jahr-
hunderts haben aber nicht den
Schmelz und die Leuchtkraft der
Dürerschen, dafür ist ihnen ein
eigentümlicher Speckglanz eigen.
So hält man denn leicht ein sol-
ches Bild für ein übermaltes Ori-
ginal, obwohl doch, wie hier bei
dem Weberschen Bilde, nicht
schwer zu erkennen ist, daß es
sich um eine Fälschung mit Be-
nützung Dürerscher Motive han-
delt. Zunächst diesem Stücke ver-
wandt, besonders in der Darstel-
lung des Kindes, ist eine mit
Dürers Monogramm und der Jah-
reszahl 15 18 versehene Madonna
im Berliner Museum (Fig. 10),
die schon im offiziellen Katalog
als eine Nachahmung des XVII

Jahrhunderts bezeichnet wird. Diese Fälschung scheint uns geschickter als die der Weberschen Samm-
lung. Das Motiv des Kindes ist hier wie dort der Augsburger Madonna von 1516 entlehnt.

Es sei uns gestattet, noch einige ähnliche Stücke zum Vergleiche heranzuziehen, bei denen wir
einen gleichen Ursprung vermuten. Hier wären die traurigen Überbleibsel eines Bildes zu nennen, die
Herrn Maler C. A. Reichel auf Schloß Bürgelstein bei Salzburg gehören und von Th. v. Frimmel1 ver-
öffentlicht worden sind (Fig. 11). Ein Restaurator hat dieses Bild bis auf den Grund abgeputzt, so daß
überhaupt nicht viel mehr davon zu sehen ist. Dabei sind aber auffallenderweise Monogramm und Jah-
reszahl fast unversehrt geblieben. Auch in diesen Resten vermögen wir mit Bestimmtheit eine spätere
Fälschung zu erkennen, und zwar neben den stilistischen Gründen besonders aus technischen. Das Bild

Fig. l3. Maria mit dem Kinde und einem geigenden Engel.
Graz, Museum Joanneum.

1 Blätter für Gemäldekunde II, 1906, S. 3y. — Th. v. Frimmel hat auch das hier wieder abgedruckte Klische freund-
lichst zur Verfügung gestellt und dadurch die Redaktion zu wärmstem Danke verpflichtet (Anm. d. Red.).
 
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