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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0026
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Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms.

19

gleichzeitiger Meister, auf denen das Monogramm Dürers gefälscht ist. Als Original von Dürer galt:
«Ein Stuckh von Ohlfarb auf Holcz, warin die Himmelfarth vnser lieben Frawen, so von Gott Vatter
vnndt von Gott Sohn gecrönt wirdt.» (Mahlerey von teütsch vnndt niederländischen Mahleren Nr. 550.)
Es ist die bekannte Himmelfahrt Maria von Hans von Kulmbach, die noch heute die kaiserliche
Galerie besitzt. Der Fälscher hat sich hier einen recht bezeichnenden Scherz erlaubt: er hat das Mono-
gramm Dürers und die Jahreszahl 1514 so angebracht, daß einer von den kleinen Englein mit der Hand
darauf hinweist. Das echte Mono-
gramm Hans von Kulmbachs befin-
det sich unter dem Mantel der Maria
und ist bei Gelegenheit einer Re-
stauration des Bildes im XIX. Jahr-
hundert zum Vorschein gekommen.

Ein zweiter interessanterer
Fall einer solchen Fälschung ist ein
Bild, das ebenfalls als Original
von Dürer beschrieben wird: «Ein
Brusstpildt von Ohlfarb auf Holcz,
warin vnser liebe Fraw mit langen
hangenden Haaren vnndt einem
subtilen Schlayr über dem Haubt
in einem blawen Klaidt vnndt ro-
then Mantel mit Belcz gefüettert,
vndt das Jesuskhindt halb ligent
auff ihrem rechten Armb mit einem
Rosario vmb den Leib, dabey ein
Taffei, darauff ein halber Pomeran-
czen vnndt ein kleines Messerl liegt.»
(Mahlerey von teütsch vnndt nie-
derländischen Mahleren Nr. 555.)
Dieses Bild ist noch in der kaiser-
lichen Galerie erhalten (Nr. 682,
Fig. 18): auf dem schwarzen Grunde,
von dem sich früher die Madonna
abhob, sah man rechts das Mono-
gramm Dürers und die Jahreszahl
1520. Die Zuschreibung an Dürer
ist natürlich schon im Laufe des
XIX. Jahrhunderts aufgegeben wor-
den und man hat das Werk als Arbeit eines anonymen Künstlers erkannt, des Meisters vom Tode
Mariä. Dieser Maler, den man früher für einen Kölner hielt, ist ohne jeden Zweifel ein Niederländer,
und zwar ein Antwerpner; nach einer sehr scharfsinnigen Vermutung, auf die, unabhängig von einan-
der, Carl Justi und Eduard Firmenich-Richartz gekommen sind, haben wir in ihm höchst wahrschein-
lich den Antwerpner Joos van Cleve d. Ä. zu erkennen, der in der Zeit von 1511—1540 tätig gewesen ist.

Die Urheberschaft des Meisters vom Tode Mariä ist bei dem vorliegenden Bilde völlig gesichert
und kann von keinem Kenner bezweifelt werden. Auffallend und für den Stil des Meisters wenig pas-
send war der schwarze Hintergrund, der uns sonst bei diesem Kunstler nicht untergekommen ist. Auch
die Komposition schien merkwürdig einseitig und sah aus, als wäre sie aus einem Bilde des Meisters her-
ausgeschnitten. Diese Bedenken klärten sich, als wir vor einigen Jahren auf einer retrospektiven Aus-
stellung zu Düsseldorf ein anderes Bild des Meisters vom Tode Mariä aus dem Besitze des Lieut.-Col.

Fig. 18. Meister des Todes Mariä, Madonna (vor der Abdeckung
des Hintergrundes).
Wien, kais. Gemäldegalerie.
 
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