Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Glück, Gustav: Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0028
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms.

21

ein Teil des Randes abgesägt und durch einen Ansatz von weichem Holze ersetzt werden mußte. Da-
durch ist ein Stück von der Figur des heil. Josef verloren gegangen; es besteht nicht die Absicht, die-
sen Teil ergänzen zu lassen, sondern das Bild soll in dem gegenwärtigen Zustande bleiben, in dem es
alles zeigt, was der Meister selbst gemalt hat. An künstlerischem Werte scheint uns das Bild der
kaiserlichen Galerie nach seiner Herstellung den anderen Wiederholungen etwas überlegen zu sein, ob-
wohl auch diese offenbar von dem
Meister selbst gemalt sind. Gerade
solcheWiederholungen sind für den
Großbetrieb der damaligen Ant-
werpner Malerwerkstätten höchst
bezeichnend.

Die kaiserliche Galerie be-
sitzt noch ein zweites Marienbild
des Meisters vom Tode Mariä
(Nr. 685), das zwar nicht aus der
Sammlung des Erzherzogs stammt,
das aber seinen Weg durch die-
selbe Fälscherwerkstatt des XVII.
Jahrhunderts genommen zu haben
scheint, in der es auch mit Dürers
Monogramm und der Jahreszahl
15 18 versehen worden ist.

Zum Schlüsse möchten wir
nur ein paar Worte sagen über die
plastischen Arbeiten, die in der
Sammlung des Erzherzogs Leo-
pold Wilhelm Dürer zugeschrie-
ben worden waren. Es ist merk-
würdig, daß in so vielen Inven-
taren und sonstigen Urkunden des
XVII. und XVIII. Jahrhunderts
plastische Arbeiten Dürers erwähnt
werden 1 und daß solche heute gar
nicht mehr nachweisbar sind.
Neuerdings sind sogar von einigen
Seiten die wenigen Medaillen und
Plaketten, die Dürers Monogramm

tragen, dem Meister abgesprochen worden. Die Entscheidung in dieser Frage ist schwierig; wir möchten
aber glauben, daß Dürer in der Tat einige von den ihm zugeschriebenen Medaillen2 geschaffen und
vielleicht sogar auch einzelne Kleinigkeiten modelliert oder in Holz geschnitzt habe. Dafür spricht ja

Fig. 20. Meister des Todes Mariä (während der Restaurierungsarbeit).
Wien, kais. Gemäldegalerie.

1 In der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien galten zu Anfang des XVIII. Jahrhunderts eine ganze Reihe der verschie-
densten Bildhauerarbeiten, darunter auch das Brettspiel des Hans Kels, für Arbeiten Dürers; man findet sie angeführt nach
Fabers Europäischer Staats-Cantzley in H. C. Arends Gedechtniß der ehren Albrecht Dürers, Goslar 1728, fol. G 3. Noch
bezeichnender ist vielleicht die Erwähnung einer Statue der Schmerzensmutter, die der berühmte Bildhauer Albrecht Dürer
geschaffen haben sollte und die vom Jahre 1656 an bei einem Gottesdienste in Wien herumgetragen wurde («indicta Sodali-
bus Supplicatio est, in qua piissimae Matris Filium defunctum in gremio lugentis signum ab Alberto Durero nobili Plaste
effigiatum olim Septem inter Genios Dolorosorum Mysteriorum bajulos circumferebatur»: Romer, Servitus Mariana, Viennae
1667, p. 34i).

2 Die Ausführungen Georg Habichs über diesen Gegenstand (Jahrbuch der königlich preußischen Kunstsammlungen
XXVII, 1906, S. 17 und 27) scheinen uns völlig überzeugend.
 
Annotationen