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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0057
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Heinrich Röttinger.

noch die Schnitte des Thukydides reich. Der einzige Baum, den diese aufweisen (fol. 3o'), stimmt dafür
aber vollständig zu den Bäumen des Susannenblattes. Die Thukydidesschnitte gehören also dem jun-
gen Breu. Mit Ausnahme des guten Titelbildes mit dem schreibenden Autor tragen sie in ihrer flüchtigen
Ausführung den Charakter von Aushilfsarbeiten. Der Drucker Steiner hatte nämlich in seiner Sparsam-
keit nur für jene Textesstellen neue Schnitte bestellt, für die aus dem Vorrate der Offizin an alten Holz-
stöcken schlechterdings keiner passen wollte.

Ein halbes Jahr vor dem Thukydides war der Skanderbeg des Barlatius von Steiner im Satze
vollendet worden. Vertraut mit den Illustrationen zum Thukydides, wird man unschwer in der Mehrzahl
der neuen Schnitte (Hschw. 20—33, Fig. 12) Arbeiten des jungen Breu erkennen. Sie sind ungleich besser
als die zum Thukydides, einige in ihrer gewandten Glätte, von der die Thukydidesblätter wenig verspüren
lassen, sogar ganz vorzüglich. Die Eigenart des Stoffes, die ältere Stöcke nur selten verwendbar erscheinen
ließ, erklärt die große Zahl der neu angefertigten Schnitte: es sind ihrer 14. Durch beständigen Abdruck
zweier oder dreier, die schließlich zu jeder Stelle des kriegerischen Buches paßten, trug Steiner auch in
diesem Drucke seinem Systeme Rechnung. Ihr Inhalt schließt das Susannenblatt von einem Vergleiche
gänzlich aus, ihre kostümliche Eigenart das Algierblatt zum großen Teile. Außer gewissen Bezügen in
der Wolkenbildung (fol. 1), in den Bäumchen (15', 52', 63'), vielleicht noch in der Terrain- und Berg-
gestaltung (32') bleiben fast nur die Pferde zum Vergleiche übrig. Diese, fol. 5, 32', 34, 63', 88, wieder-
holen in bedeutend größerem Maßstabe alle oben umschriebenen Eigenheiten, die hier mitunter zur
Manier gesteigert sind: den zugespitzten Kopf, der dem eines Seepferdchens gleicht, mit der rüsselartigen,
weitgeöffneten Schnauze und dem Schwanenhalse, die kühn gewellten Schweife usf. Es sind nervöse
Tiere, die, sich an dem Kampfe ihrer Reiter beteiligend, aufeinander losbeißen, wie etwa die Lands-
knechte in des Vaters Scheibenrissen mit den Zähnen einander angefallen hatten. Die Krieger des Heer-
zuges fol. 32' und die Lanzenreiter 52' gehen auch kostümlich an die moslimischen Reiter des Algier-
blattes heran. Die behauptete Gemeinsamkeit des Urhebers der beiden Gothaer Breuschnitte und der
Illustrationen des Barlatius findet durch einen Vergleich dieser mit den Schnitten zum Thukydides ihre
Bestätigung. Der Reiterschlacht Barlatius 88 entspricht nach Roß und Mann und ihrer Verklammerung
im Kampfe die Thukydides 26, der brennenden Stadt Balesium 65' die Stadt 34' des Thukydides. Die
Flammengarben Balesiums oder des Blattes 63' fanden wir ebenso auf dem Titelblatte des Thukydides,
das für die gekerbte Lieblingslinie des jungen Breu im Barte des Historikers, im Rauchwerke seiner
Schaube, im Felle des Hundes oder im Pulverdampfe Beispiele bietet, denen die Barlatiusschnitte
1 (Terrain, Baldachinbehang), 15' (die Federn) etc. zu vergleichen sind. Die Haltung der der Rede
Skanderbegs Horchenden 34 kehrt Thukydides 3o', die Fransen 1 und 237' auf dem Titel des Thukydides
wieder. Die Pferde 5, 32' und 34 vergleiche man mit denen Thukydides 26, den Baum 52' endlich mit
dem Thukydides 3o'.

Zwei Jahre vor dem Barlatius erschien im Verlage Steiners das interessante Heftchen, in welchem
Benedikt Curipeschitz, der Dolmetsch der kaiserlichen Gesandtschaft an Sultan Soleyman 1525,
einen Bericht über die Reise gibt. Die neun Schnitte des Buches (Hschw. 10—18, Fig. 14) stimmen so
vollständig zu denen des Barlatius, daß nur das abweichende Format der sechs darin wieder abgedruck-
ten Schnitte sie von jenen unterscheidet.

Gleichfalls in das Jahr 1531 fällt die Ausgabe des Justinus, der unter 50 Illustrationen acht neue
Schnitte Breus enthält (Hschw. 2—9, Fig. 13). Schon an den Barlatiusblättern war die größere Freiheit der
Linienführung und Glätte der Formgebung gegenüber den meisten der Thukydidesschnitte aufgefallen,
hier sind sie durch den im Barlatius selteneren, geradezu skizzenhaften Charakter der oft recht guten
Schnitte wesentlich gesteigert. Ein Vergleich mit dem besonders im Stadtbilde unbeholfenen Algierblatte —
es war seiner Natur nach Postarbeit und machte wohl auch die Hilfe ungeübter Hände unentbehrlich — ist
recht unergiebig: am ehesten kommen noch das bewegte Meer 19 und 21 und die Pferdchen 66' in Betracht.
Das Blatt mit dem Tode derOlympias fol. 52' könnte seiner technischen Behandlung nach und abgesehen
vom Kostüme unerkannt zwischen den Barlatiusblättern stehen, wie ja der Schnitt fol. 98' des Barlatius
tatsächlich zuerst im Justinus (fol. 9) abgedruckt worden war. Der gemeinsame Ursprung der Justinus-
 
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