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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0060
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Breu-Studien.

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leichteren Rasse. Schon die allgemeine Haltung ist eine andere. Die Pferde des Vaters tragen den Schädel
zumeist vertikal gesenkt, ihr Schritt ist ein langsamer, behaglicher. Die des Sohnes halten den Kopf,
wie plötzlich erschreckt, horizontal und rasch setzen sie den hoch zur Brust gehobenen Fuß auf den
Boden. Im besonderen sind die Pferdeköpfe des Sohnes schmaler und kleiner, spitz zulaufend und mit
aufgestellten relativ größeren Ohren und aufgeregt beweglichen Lippen ausgestattet; der Hals ist lang,
dünn und wie der eines Schwanes gebogen, Schweif und Mähne lebhaft bewegt. In allen diesen
Punkten hält sich der Vater in Übereinstimmung mit der derberen Natur seines Pferdes an schwer-
fälligere Formen.

Die Landschaft spielt beim
Sohne eine wesentlich andere Rolle
als in den Spätwerken des Vaters.
Wo dramatische Aktionen den In-
halt der im Freien vor sich gehenden
Handlungen ausmachen, wie in der
Ermordungszene der Königin Olym-
pias: Justinus 52' oder den Schlach-
ten: Justinus 66', Barlatius 88 und
Thukydides 26, tritt beim Sohne die
Landschaft ganz zurück. Die Ver-
wendung landschaftlicher Motive zur
Füllung leerer Winkel seiner Kompo-
sitionen, wie es der Vater noch in
den Schnitten zu den Propheceien
Paracelsi oder zu den Fürnämlichsten
Weybern des Boccaccio1 getan hatte,
kennt der Sohn kaum. Aber er be-
dient sich ihrer als eines selbständi-
gen Faktors, wo er sie zur Verdeut-
lichung des Vorganges braucht, z. B.
beim Reiterzuge Amuraths: Barla-
tius 32' oder beim Uberfall Plateäs:
Thukydides 34', oder behandelt sie
als Selbstzweck, wenn er die Meer-
enge von Messina: Justinus 19, das
brennende Balesium: Barlatius 65',
die Städte, welche die kaiserliche Ge-
sandtschaft auf der Reise nach Konstantinopel berührt hatte, schildern will. Reine Landschaften hatte
der Vater noch gar nicht gekannt. Wie im Figürlichen steht der Sohn auch hier auf dem Boden einer
großzügigeren Kunst, die er in Italien kennen gelernt hatte. Erst mit dem allmählichen Verblassen
dieser Eindrücke schwinden auch die 1530 so tiefen Unterschiede zwischen den beiden Künstlern und
erstarkt der Familienzug im Schaffen des Sohnes, so daß, wie wir später sehen werden, um das Todes-
jahr des Vaters die beiden dem Geiste ihrer Kunst, wenn auch nicht ihren Formen nach, auf einige
Zeit wenigstens einander wieder so nahe stehen, wie sie sich in den Zwanzigerjahren gestanden haben
mochten.

Eine unmittelbare Probe auf die Richtigkeit der von mir getroffenen Unterscheidung des alten vom
jungen Breu ergibt zum Überflüsse eine genaue Durchsicht der drei vom Sohne illustrierten Hauptwerke,
des Justinus, des Barlatius und des Thukydides selbst. An ihrem Schmucke hat sich nämlich auch der

Fig. 14. Breu d. J., Die kaiserlichen Gesandten vor Sultan Soleyman.
Aus dem Itinerar des Curipeschitz, 15 31.

Hschw. 18

1 Repertorium XXXI, S. 48 ff., Nr. 25 und 26.

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