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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0073
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Heinrich Röttinger.

entstand. Er zeigt einen wesentlich geschlosseneren Charakter als dieses, zum Teile jedenfalls eine
Folge der Benützung einer älteren Fassung des volkstümlichen Motives, die mir jedoch unbekannt ge-
blieben ist.

Daran schließe ich das aus acht Blättern bestehende Opfer Isaaks in der Albertina (Hschw. 68,
mit Abb.). Die fehlenden architektonischen Motive werden hier durch die landschaftlichen reichlich
ersetzt. Den schwerflüssigen Wolkenzug, aus dem der Engel niederfliegt, zeigt ebenso das große Lazarus-
blatt, die Baumstämme und die Laubkugeln des Waldes das Parisurteil und das Bankett. Der flotte
Zug, der den Baumschlag dieser Blätter auszeichnete, ging beim Opfer Isaaks über der allzu sorg-
lichen Einzeichnung der Details verloren. Die Behandlung des Fernblickes (der spitze schattierte Berg,
dahinter die weißen flachen Höhenzüge, darüber der horizontal schraffierte Himmel) entspricht der
des Barlatiusschnittes fol. 32'. Der Kopf Abrahams erinnert an den des Knechtes 43, seine Stellung (der
linke Fuß) an die des Knechtes 3o. Das Eiermotiv des Schwertriemens Abrahams ziert auch den Mantel-
saum des ersten Juden auf dem Susannenblatte.

Die bisher besprochenen großen Schnitte schließen sich insoferne zu einer Gruppe zusammen,
als sie alle in höherem oder geringerem Grade wie das Susannenblatt die Schwierigkeiten erkennen
lassen, die dem Meister die Bewältigung der großen Holzstockflächen, die er wählte, verursachen.
Den Ubergang zu einer auf einer höheren Stufe der Meisterschaft stehenden Gruppe vermittelt die
sehr getreue Kopie des Stiches B. 3 Mantegnas, welche Breu in einem aus acht Blättern zusammen-
gesetzten Riesenschnitte gab (Hschw. 69, mit Abb.). In den wenigen Fällen, wo der Meister sich
kleine Eigenmächtigkeiten erlaubt, verrät seine Hand sich deutlich: in der Bildung der Wolken mit
ihren horizontal verlaufenden Zipfeln (die Wolken des Algierblattes) und in dem Buschwerke des
Hintergrundes (Baumschlag des Susannenblattes). Der Schneider des Blattes zeichnete sich mit einem
R, das wahrscheinlich Hans Rogel bedeutet.1 Er hatte früher schon das Algierblatt geschnitten, das
ihm aber nicht Gelegenheit bot, seine Kunst ganz zu entfalten. Wir werden bei den folgenden Blättern
Breus Rogels Zeichen zwar nur einmal mehr begegnen, aber ihre technische Ausführung läßt ver-
muten, daß sie ihre gefällige Wirkung neben Breus steigender Routine der Geschicklichkeit verdanken,
mit der Rogel oder seine Werkstätte dem Künstler entgegenkamen. Nun findet Breu auch in großen
Blättern die Gewandtheit und Glätte wieder, welche die Schnitte zwischen 1535 und 1540, die Lands-
knechte und die Buchillustrationen für Steiner, ausgezeichnet hatten. Das erste dieser Blätter, der heil.
Christoph (Hschw. 70, Fig. 8), von dem sich Abdrücke in der Wiener Hofbibliothek, dem Berliner
Kupferstichkabinette und anderen Sammlungen befinden, ist noch mäßigen Formates (164 X 282). Zahl-
reich sind die Bezüge, welche die lustige Gesellschaft rechts und die vom Unwetter bedrohte Stadt
dahinter mit den Justinus- und Barlatiusblättern verbinden (z. B. das Stadtbild — die Städte in Curi-
peschitz, etwa Sockel fol. B4' oder Dibras Barlatius 98'; der Baum davor — Curipeschitz fol. C2, Bar-
latius 98'; die Gesellschaft — Curipeschitz G4, die Justinus- und Barlatiusblätter). Für die Wellen-
bildung ziehe man Justinus fol. 19 und Thukydides fol. 60 heran. Jesus und Johannes sind wie in den
Stufenjahren behandelt, Christoph selbst erinnert an den Prasser des großen Lazarusblattes und an den
Landsknecht 3o. Der starken Übereinstimmungen wegen, die «Das Geschlecht Kaiser Fried-
richs I.»2 im Bayrischen National-Museum in München (Saal 50) zu den kleinen Figuren des Christoph-
schnittes und somit zu den Illustrationen des Justinus aufweist, füge ich hier dieses wahrscheinlich
ältere Blatt ein.

1 Naglers Monogrammisten IV, S. 1007, Nr. 3510. Über Rogel vgl. Max Radlkofer in der Zeitschrift des hist. Vereins
für Schwaben und Neuburg XXIV (1897), s- 1 ff.

2 Im Hschw. nicht verzeichnet. Der sehr feine Schnitt ist «Das Geschlecht Kayser Friderichs des Ersten, welches
anfahet nach der Geburt Christi, Tausent, Sechsundsibentzig Jar: bis auff die zeyt Karoli des Fünfften etc.» betitelt, besteht
aus zwei Blättern und einer breiten unten angeklebten Leiste, deren zwei Kartuschen den Text umschließen, und mißt ins-
gesamt ca. g3o X ^95. Er hat den Stammbaum Karls V. zum Gegenstande. Unten sitzen drei ganze Figuren, die Ahn-
herren, in den Ästen des Baumes sind zahlreiche Halbfiguren mit Wappen und Texttafeln angebracht. Das Exemplar des
Bayrischen National-Museums ist auf Leinwand aufgezogen, teilweise bemalt und überaus defekt.
 
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