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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0088
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Breu-Studien.

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an den nach seinen Ausführungen einen halben Fuß über die Füllungen (der Decke) hervorstehenden,
vier und sechs Ecken bildenden Friesen (d. h. wohl Kassetten) herabhängende vergoldete Rosen. Diese
waren es offenbar, für deren Vergoldung Velten Breu 20 fl. erhalten hatte. Ob Grassegger in einem oder
dem anderen der Ölgemälde das Tuch Jörg Breus bewundern konnte, ist allerdings zweifelhaft, da das
Schloß bei der Einnahme Neuburgs durch Karl V. am 18. September 1546 derart verwüstet worden war,
daß Ottheinrich auf seine Anfrage, «wie es mit.. . (den) gemälden in dem neuen pau, sonderlich in der
großen stuben . . . geschaffen», nach Weinheim geantwortet werden mußte, «die schönen bilder seien
aus den wänden gehauen und gebrochen». «Es ist alles weggebrochen und genommen,» schreibt ein
anderer Augenzeuge, «. .. allain hat man das gemälwerch und sonst nichts bleiben lassen» (Rott, S. 49).
Der Widerspruch löst sich, wenn man annimmt, daß dieses widerstandsfähigere «gemälwerch» aus
Fresken bestanden habe. Auch solche hatte Grassegger noch vorgefunden. In den Fensterleibungen
sah er Arabesken, mythologische Darstellungen und allegorische Figuren, weiß auf blauem oder grünem
Grunde, und neben den Ölgemälden ober den Fenstern im Saale selbst Römerköpfe, grau in grau, mit
runden gelben Einfassungen. Zwischen zwei gemalten Brustbildern ober dem Saalportale war die Jahres-
zahl 1538 zu lesen. Es ist möglich, daß diese Fresken teilweise wenigstens von Breu ausgeführt worden
waren. Was von ihnen vielleicht noch übrig ist, deckt die Tünche, mit der die Wände des heute als
Mannschaftszimmer dienenden Rittersaales — das Neuburger Schloß ist gegenwärtig größtenteils Ka-
serne — übergangen sind. Von den Ölgemälden an den Wänden, der Holzdecke, der Vertäfelung ist
heute keine Spur mehr vorhanden. Nur die beiden mächtigen Säulen, die die Decke tragen, sind von
dem ganzen reichen Schmucke des Saales noch an Ort und Stelle.

Kaum schonender war die Zeit mit den Malereien verfahren, die Jörg Breu urkundlich in dem
eine gute Wegstunde östlich von Neuburg nahe der Donau gelegenen Jagdschlosse Grünau1 ausge-
führt hatte. Im Jahre 1530 hatte Ottheinrich mit der Errichtung des Schlosses, das später zum Unter-
schiede von dem 1555 vollendeten neuen Bau der alte Bau genannt wurde, begonnen, 1537 war es im
inneren Ausbau vollendet worden. Es ist drei Stockwerke hoch, deren jedes etwa vier Räume umfaßt,
und seitlich mit einem Turme versehen. Eine Notiz im Münchener Hausarchiv überliefert uns, «wie
durch Otthainrichs baumeister Jeremien Wagner mit Jörgen Brew, malern zu Augspurg, gedingt wor-
den etlicher gemecher und die capell in der Grienaw zu malen, welche all und wie sie gemalt sollen
werden, specificirt werden. Wirt im gemacht 200 gl. in münz und ein somerclaid, die färben soll er selb
geben, aber holz und bettgewant, weil er arbeit, soll im ir fürstlich gnaden geben. Sontag nach Martini
1537» (Rott, S. 184f.). Breus Malereien erstreckten sich also nicht über das ganze Schloßinnere; auch
scheinen sie nicht sehr dauerhaft gewesen zu sein, da uns schon aus dem Jahre 1555 gemeldet wird,
daß Hans Windberger, Maler von Landshut, offenbar gelegentlich der Ausmalung des neuen Baues, be-
stellt wurde, «das gemel im alten haus in der Grienau zu bessern und, wo es noch nit gemalt, auf

gründe rechts Mönche Almosen aus, links wird ein Stier niedergeschlagen, etwas zurück sitzt ein alter Mann auf einem
Stuhle, hinter ihm befindet sich ein Schöpfbrunnen und darneben auf einer Seite ein Reiter, dessen Pferd von einem Fuß-
gänger am Schweif gehalten wird, auf der anderen Seite ein Haus, vor welchem mehrere Menschen arbeiten; auf einem
dritten zeigen sich mehrere bewaffnete Reiter, welche Reisende zu überfallen scheinen; auf dem vierten sind körperliche
Übungen, Ringen und ein Zweikampf vorgestellt; auf dem fünften beschäftigt man sich, wie es scheint, mit Astronomie;
auf dem sechsten unterhält man sich mit Musik und Tanz etc. Auf mehreren dieser Stücke wird oben in der Luft eine
heidnische Gottheit wahrgenommen, die in einem Wagen fährt, z. B. Jupiter, Saturn etc., von verschiedenen Thieren gezogen.
Ob man wohl durch diese Gottheiten nicht die damals bekannten 7 Planeten und durch die Gemälde selbst die 7 freien
Künste andeuten wollte? Die größten und auch kenntlichsten von diesen Bildern sind rechter Hand beim Haupteingang in
den Saal. Es sind zwei zusammengefügte Gemälde, welche miteinander eine Länge von 3o Fuß haben und den Raub der
Helena und die Eroberung von Troja vorstellen. Die Gemälde ober dem Getäfel in den Fenster-Vertiefungen, gleichfalls in
schwarzen Rahmen gefaßt, enthalten auf hellblauem Grunde Abbildungen von merkwürdigen Personen aus dem alten Testa-
mente, welche in mehr als gewöhnlicher Lebensgröße, jedoch nur zur Hälfte und in den sonderbarsten Costümen vorgestellt
und zur Seite mit ihren Namen bezeichnet sind. Man findet hier den König David, Assa, Josaphat, die Heerführer Josua,
Gedeon, Jephte, die Jahel, die Judith etc.»

1 Vgl. die Beschreibung der Grünau von Jos. Grassegger im Neuburger Collectaneen-Blatt XVI11 (1852), S. 113 ff.;
ferner Rott, S. 12 ff. Abbildungen des Schlosses und des später erwähnten mit den Tierfiguren geschmückten Gemaches im
Führer durch Neuburg a. D.
 
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