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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Diez, Ernst: Der Hofmaler Bartholomäus Spranger
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0103
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Ernst Diez.

einen Triumphbogen zu errichten, und beauftragte Spranger und Monte mit der Ausführung dieses
Werkes. Van Mander gibt eine ausführliche Beschreibung dieses im italienischen Geschmack des
XVI. Jahrhunderts ausgeführten Bauwerks. Spranger mag sich die im Jahre 1565 in Parma erworbenen
Erfahrungen zunutze gemacht haben. Eine Zeichnung des Baues wurde bisher nicht gefunden. Der
Einzug des Kaisers erfolgte im Frühjahre des Jahres 1577. Am 6. September desselben Jahres bekamen
die beiden Künstler laut einer erhaltenen Rechnung des Oberkämmerers Michael Startzer «wegen irer
bemuehung der ehrenporten halber» je 200 fl. ausgezahlt.1 Rudolf II. interessierte sich anfangs für die
beiden Künstler nicht besonders. Als er nach Linz abreiste, befahl er, daß einer von ihnen dem Hofe
folgen, der andere in Wien auf eine allerhöchste Verfügung warten solle. Monte reiste daher ab, wäh-
rend Spranger in Wien zurückblieb. Der weitere Bericht van Manders über die Schicksale Montes, des
Inhalts, daß dieser Künstler, als man sich in Prag nicht um ihn bekümmerte, davonging und daß er den
letzten Nachrichten zufolge, die er von ihm besitze, nach der Türkei gegangen und zum Islam über-
getreten sei, kann höchstens hinsichtlich seiner späteren Auswanderung in die Türkei der Wahrheit
entsprechen, doch ist auch dies unwahrscheinlich. Eine authentische Nachricht über ihn überliefert
Ulrich Krafft in seiner Reisebeschreibung.2 Krafft kam im Dezember 1584 als Begleiter des Freiherrn
v. Oppersdorf nach Prag, besuchte Spranger und berichtet über diesen Besuch in einem Briefe. Aus die-
sem geht hervor, daß Monte, als er eines Abends in Prag im Ballspielhause dem Ballspiel als Zuschauer
beiwohnte, durch einen Ball sein linkes Auge eingebüßt habe und deshalb die Bildhauerei aufgeben
mußte. Er verließ Prag, war in Ulm bei Befestigungsbauten beschäftigt und reiste im Frühjahre 1582
wieder nach Italien. Krafft traf ihn, als er auf der Reise nach dem Süden begriffen war, in Kempten
(in Schwaben) und konnte daher Spranger soweit über das Schicksal seines früheren Genossen Bericht
erstatten.3 Uber das weitere Leben Montes wissen wir ebensowenig wie über die Arbeiten, die er in
Prag für Rudolf IL ausgeführt hat.

Spranger wartete in Wien lange vergebens auf weitere Dispositionen aus Prag, bis endlich der
Reichskanzler des Kaisers Wolfgang Rumpff4 nach Wien kam und den Maler, der sich schon nach
anderen Diensten umsah, bewog, die Berufung nach Prag abzuwarten. Diese Berufung dürfte im Herbste
des Jahres 1580 erfolgt sein., da van Mander berichtet, daß der Künstler, in Prag angekommen, nach
einigen Monaten des Wartens in kaiserliche Dienste trat, und aus den Hofzahlamtsrechnungen hervor-
geht, daß Spranger am 1. Jänner 1581 mit einer Hofbesoldung von monatlich 15 Gulden als «Kammer-
diener» angestellt wurde. Sein Gehalt wurde mit 1. Jänner 1583 auf 20 Gulden, ferner im Jahre 1591
auf 25 Gulden und laut kaiserlichen Befehls vom 10. Oktober 1605 auf monatlich 45 Gulden rheinisch
erhöht und ihm überdies jährlich 100 Gulden Quartiergeld ausbezahlt.5 Sprangers Aufenthalt in Wien
umfaßt einen Zeitraum von beinahe fünf Jahren. Da er, wenn van Mander richtig berichtet, nur unge-
fähr 11 Monate mit öffentlichen Arbeiten beschäftigt war, dürfte die Zahl der während dieser Zeit an-
gefertigten Tafelbilder und ähnlicher Arbeiten, von denen van Mander einige aufzählt, ziemlich groß
gewesen sein.

Als sich Spranger in Prag in sicherer Stellung sah, verheiratete er sich mit Christine Müller, der
15 jährigen Tochter des vermögenden Kleinseitner Bürgers und Goldarbeiters Nikolaus Müller, der eine
Niederländerin zur Frau hatte. Im Jahre 1582 ließ der Kaiser von Wien aus an Spranger den Befehl
ergehen, Prag zu verlassen und ihn auf dem Reichstage zu Augsburg zu treffen. Spranger begab sich mit
seiner Frau dorthin und folgte sodann dem Kaiser nach Wien. Während dieses zweiten Wiener Auf-
enthaltes war Spranger mit der Ausmalung eines oder mehrerer Räume im neu erbauten Teile der Hof-

1 Jahrbuch XVIII, 2, Reg. 15821, f. 192.

2 Vgl. Reisen und Gefangenschaft Hans Ulrichs Kraffts, herausg. von K. D. Hassler: Bibliothek des literarischen Ver-
eins in Stuttgart LXI, S. 388 f., Stuttgart 1861.

3 Das erste Drittel des Briefes Kraffts, der von seinem Besuch bei Spranger handelt, ist in dem Ilgschen Aufsatz über
Giovanni da Bologna (Jahrbuch IV) abgedruckt; dieser Teil enthält auch den Bericht über Monte. Die Fortsetzung des
Briefes s. S. 97.

4 W. Rumpf, Baron von Wielros und Weitrach.

5 Jahrbuch VII, 2, Reg. 5393, und Anhang, Nr. 5.
 
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