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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Diez, Ernst: Der Hofmaler Bartholomäus Spranger
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0111
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io4

Krnst Diez.

Rom sich aneigneten und die Maler in Fontainebleau imitierten, so daß er als Seele jenes Stils gelten
muß, den wir den manieristischen zu nennen pflegen.

Parmigianino war auch der eigentliche Lehrer Sprangers. Inmitten seiner und seiner Genossen
Werke arbeitete der junge Maler drei Monate lang als Gehilfe Sojaros in der Madonna della Steccata
zu Parma und empfing hier die dauernden Eindrücke für seine Kunst. Im täglichen Verkehr mit den

Werken der genannten Haupt-
meister von Parma dürfte ihm die
schwächliche Kunst seines Patrons
wenig Neues gegeben haben. Doch
eignete er sich bei ihm wohl eine
gewisse Vertrautheit mit der Tech-
nik der Freskomalerei an, die ihn
zu seinen späteren Arbeiten in Sant'
Oreste, Caprarola und Wien be-
fähigte. Auch seine Mithilfe an der
malerischen Ausschmückung der
Triumphbogen für den Einzug der
Maria Farnese wird ihm Erfahrun-
gen gebracht haben, die er in Wien
verwerten konnte.

So ausgerüstet betrat der ein-
undzwanzigjährige Künstler den
Boden Roms. Er brachte manche
für einen Maler jener Zeit nütz-
liche Kenntnisse mit, nur die
Hauptsache, die Kenntnis der Öl-
malerei, fehlte ihm. Er hatte bisher
nirgends Gelegenheit gehabt, die-
sen wichtigsten Teil seiner Kunst
gründlich zu erlernen, und mochte
auch in Rom nicht viel Zeit gefun-
den haben, das Versäumte nachzu-
holen. Die Technik des Malens ist
auch Zeit seines Lebens seine
schwächste Seite geblieben und der
heutige traurige Zustand vieler sei-
ner Bilder ist auf diese mangelhafte
Kenntnis des Handwerks der Male-
rei zurückzuführen.

Von den Arbeiten Sprangers,

die er in Gemeinschaft mit Michiel Joncquoy in der Kirche von S. Oreste am Soracte ausgeführt
hat, ist heute nichts mehr erhalten. Nach van Mander war es ein Abendmahl und die vier Evangelisten;
diese schmückten das Gewölbe hinter dem Hochaltar, wohl als Fresken. Van Mander berichtet auch,
daß Spranger in der Werkstatt Joncquoys einige kleine Landschaften gemalt habe, «unter andern eine
sehr hübsch erfundene nächtliche Spukszene in einer Ruine, die Ähnlichkeit mit dem Kolosseum hatte,
mit Hexen, die auf dem Besen durch die Luft ritten, und dergleichen spukhaften Dingen».1 Dieses Bild-
chen erwarb der Miniaturenmaler Giulio Clovio, der den Kardinal Farnese für Spranger so sehr inter-

Fig. 6. Martyrium des Johannes.
Rom, S. Giovanni a Porta Latina.

1 Van Mander H, 141.
 
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