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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Diez, Ernst: Der Hofmaler Bartholomäus Spranger
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0118
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I I 2

Ernst Diez.

Fall ist und wofür die Bezeichnung Sprangers als Inventor angeführt werden konnte. Dagegen spricht
jedoch die Entstehungszeit. Das Bild muß vor 1575 entstanden sein und der Stich ist 1584 datiert.
Spranger war zu dieser Zeit schon als Hofmaler in Prag tätig und seine Berühmtheit dürfte Greuter

bewogen haben, dieses römische
Werk von ihm zu stechen.

Die Schlußfolgerung vom
Stiche auf das Original muß um so
zurückhaltender sein, als die offen-
bar wiederum angestrebten Licht-
effekte als der damaligen Stich -
technik widerstrebend verloren
gingen. Die Erscheinung Gott Va-
ters, der, von einem Lichtkreise um-
geben, auf Wolken herabschwebt,
und das Eintreten der Magd, die

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durch den gehobenen Vorhang
eine zweite Lichtquelle in den
Raum dringen laßt, bekunden
deutlich die Absicht des Malers.
Die Darstellung gehörte zu den
beliebtesten der Renaissance und
der Künstler konnte sich auch
diesmal an die ikonographische
Tradition halten. Die geneigten
Köpfe dreier Fauen, Stellungswie-
derholungen und Gesten lassen
schon das Erstarken einer be-
stimmten Manier erkennen, ob-
gleich Einzelheiten, wie die müde
Gebärde, mit der Anna für die dar-
gebotene Speise dankt, oder der
zagend eintretende Hund empfun-
den und intim wirken. Ein tiefer
dringendes Urteil ist auf Grund
des Stiches nicht berechtigt.

Beiläufig sei hier auch auf
den Stich des Crispin de Passe
(Fig. 8) hingewiesen, dem wahr-
scheinlich die in San Luigi dei
Francesi gemalten Figuren als
Vorbild gedient haben.

Die früheste datierte erhal-
tene Arbeit, die Spranger als Hof-
maler Rudolfs II. ausgeführt haben dürfte, ist eine Miniatur (Fig. 9), die das heute noch im städti-
schen Museum bewahrte Privilegienbuch der Stadt Wels schmückt.1 Sie ist mit Gouachefarben ge-
malt und zeigt den Kaiser in prächtiger Rüstung mit Mantel, Szepter, Reichsapfel und Krone unter

Fig. II. Epitaph des Buchdruckers Michael Peterle aus Annaberg.
Prag, Stefanskirche.

1 Einer alten Tradition folgend, ließen sich die Welser vom Kaiser während seines Aufenthaltes in Wien im Jahre
1582 alle landesfürstlichen Privilegien, Rechte, Handfesten und Gnaden, die die Stadt seit dem XV. Jahrhundert erworben
 
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