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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Diez, Ernst: Der Hofmaler Bartholomäus Spranger
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0120
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ii4

Ernst Diez.

blühenden Freskomalerei unter Friedrich Sustris hiitte manches interessante Resultat gebracht. Daß
Spranger gerade für die dekorative Monumentalmalerei ein nicht unbedeutendes Talent hatte, beweist
am besten ein Kupferstich des H. Goltzius nach einer Zeichnung des Künstlers vom Jahre 1587 mit
der Darstellung des Göttermahls bei der Hochzeit von Amor und Psyche.1 Die Komposition ist
dekorativ sehr wirksam, malerisch empfunden und zur Ausschmückung einer großen Wandfläche außer-
ordentlich geeignet. Mit ihrer geschickten Gruppenverteilung, der großen Mannigfaltigkeit der Bewe-
gungsmotive, den luftdurcheilenden Gespannen und purzelnden Putten braucht sie keinen Vergleich mit

spätbarocken Deckenmalereien zu scheuen.
Der Stich des Goltzius (Fig. 10) mag
manchem gleichartigen Vorwurf der spä-
teren Barockmalerei als Vorbild gedient
haben; gewiß zwei Tafelbildern, die heute
noch als Werke Sprangers gelten, jedoch
dem Abraham Bloemart zuzuschreiben
sind und auf die wir später zurück-
kommen. Spranger mußte jedoch dem
Geschmack seines Herrschers dienen und
wurde von Rudolf in eine ziemlich ein-
seitige Richtung gedrängt, die sich in
einer Reihe inhaltlich ähnlicher Bilder
äußert.

Bevor wir uns diesen zuwenden, sei
das über privaten Auftrag im Jahre 1588
entstandene Epitaph für den Buchdrucker
Michael Peterle aus Annaberg (Fig. 11),
das sich heute in der Stephanskirche zu
Prag befindet,2 betrachtet. Das Werk
wird von van Mander erwähnt: «Ferner
ist in der St. Agidiuskirche in der Prager
Neustadt ein Epitaph von Spranger, das
in lebensgroßen Figuren den über Teufel
und Tod triumphierenden Christus mit
Engeln zu beiden Seiten zeigt, ein gutes
Werk.3 Christus erscheint auf diesem
Bilde umgeben von den Marterwerkzeu-
gen, die Symbole von Tod und Teufel
mit Füßen tretend, und weist mit der Rechten nach aufwärts. Die gedrungenen Verhältnisse haben mit
dem späteren Formenideal Sprangers noch nichts gemein. Die Schar der Jünglingsengel mit den Marter-
werkzeugen weist auf ein nordisches Vorbild hin, auf den Dreifaltigkeitsholzschnitt Dürers vom Jahre
1511. Auch die Gesichtstypen sind dürerisch. Dieser leicht erkennbare Einfluß Dürerscher Kunst ist
vorübergehend. Die Komposition mit den gegensätzlich knieenden Engeln und der deutlichen diago-
nalen Tendenz ist völlig barock empfunden. Die dem Körper Christi eignende drehende Bewegung
scheint sich auch den umgebenden Engeln mitzuteilen und man gewinnt den Eindruck, als ob die
Gruppe im nächsten Augenblicke wirbelartig aufwärts fahren würde. Die Porträte sind dagegen

Fig. 12. Herkules und Omphale.
Wien, kaiserliche Gemäldegalerie.

1 Bartsch 277; van Mander rühmt diese Zeichnung, die er in Haarlem, also wohl bei Goltzius, gesehen hatte (van Man-
der II, 165 und 243). Nach Nagler befand sie sich 1823 in der Sammlung Gruenling.

2 Ruth, Kronika kralovske Prachy, S. 1034, und Schottky, Das alte Prag I, 410.

3 Van Mander II, 159.
 
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