Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

DOI Heft:
II. Theil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses
DOI Artikel:
Tietze-Conrat, Erika: Zwei Porträte Kaiser Ferdinands III.
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0329
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zwei Porträte Kaiser Ferdinands III.

III

Herold war nur Gießer; es geht dies aus dem
Schlußvermerk des oben abgedruckten Verzeichnisses,
wie auch aus den Akten über die Immaculatasäule,
seinem Hauptwerk, hervor, in denen er einen eigenen
Zahlungs-posten — 5oofl. — für «den Bildhauer» anführt.

Diesen Profilkopf des Kaisers scheint derselbe
Künstler modelliert %u haben, der auch die der Hof-
bibliothek gehörige, jet^t ausgestellte, polychromierte,
lebensgroße Wachsbüste (Fig. 2) bossiert hat. Es ist die
gleiche Auffassung im Ausdruck des Antlitzes, die gleiche
Durchbildung von einzelnen Partien desselben, von Nase,
Aug' und den charakteristischen Lippen, vom schlicht
gestrichelten Haar, von Schnurrbart und Fliege, die
als kompakte Masse aufgesetzt sind; die gleiche nüchterne
Schärfe, mit der die Flächen unverbunden nebeneinander
^eset^t sind. Die Ubereinstimmung des Reliefs mit der
Büste, insbesondere mit ihrer entsprechenden Profil-
ansicht, ist so groß, daß die Vermutung nahe liegt, der
Bildhauer habe die Büste als Vorlage für seine zweite
Arbeit, das Relief, benüt^t.

Ich möchte für den Künstler, der diese beiden
Kaiserbildnisse schuf, auch einen Namen vorschlagen.
In den Gedenkbüchern desselben Archives findet sich
unter dem 20. Jänner 1643 folgender Zahlungsauftrag:
«Dem Justino Psolmar, waxpossirer, wegen ihrer kais.
maj. in wax possierten und nacher hoff geliferten
biltnus 3oo reichstaller, nach und nach mit ambts-
gelegenheit zu bezalen.» Im Register kommt im No-
vember desselben Jahres noch ein Nachtrag vor:
«Gschäftl an hoffzahlmaister Eder wegen bezahlung
des Justino Psolmayer, waxpossirern, der 100 fl., welche
man ihme gewisser nacher hoff" verrichter abconter-

fehung halber noch hinterstellig verbleibt». Dieser
Nachtrag gehört wohl zu dem früheren Zahlungs-
auftrag.

Die große Summe, die der Künstler erhielt, deutet
auf eine größere Arbeit, die ganz gut jene erhaltene
Wachsbüste sein kann.

Zwei Medaillen auf Kaiser Ferdinand HL, die
sich gleichfalls im Hofmuseum befinden (Saal XVI,
Vitrine II, 2, Nr. 33, 34) scheinen das Oeuvre Psol-
mayers vervollständigen können. Die eine (Nr. 34)
ist in Silber, die andere (Nr. 33) 1 in Gold geprägt,
der Revers—Adler mit Wage, Schwert und Szepter —
fast vollständig übereinstimmend; ebenso der Avers,
der eine Profildarstellung des Kaisers \eigt, nur der
Brustharnisch ist um ein geringes variiert, auch fehlt
bei der Silbermedaille der Orden des goldenen Vließes.
Bei der großen Verschiedenheit der Technik ist die
stilkritische Vergleichung mit dem Relief und der Büste
schwer; doch scheint mir diekon^ise plastische Ausdrucks-
weise für die gleiche Hand %u sprechen. Auch ist die
Silbermedaille *G. P.d gezeichnet, was Giusto (Justinus)
Psolmayr heißen kann. Georg Pf rund, der gleichfalls
in der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts arbeitete,
ist aus stilistischen Gründen zurückzuweisen.

Der Name Psolmar oder Psolmayer hat keinen
Klang und wenn wir die ihm zugewiesenen Arbeiten
auf ihren künstlerischen Wert hin prüfen, so scheint
dies berechtigt zu sein. Doch sind es alte Inventarstücke
des kaiserlichen Besitzes und dieser Umstand mag die
Beschäftigung mit ihnen rechtfertigen.

1 Abgebildet bei Domanig, Porträtmedaillen des Er^hauses
Österreich, Wien i8gS, Taf. XXVI, Nr. iSg.
 
Annotationen