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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Giehlow, Karl: Dürers Entwürfe für das Triumphrelief Kaiser Maximilians I. im Louvre: Eine Studie zur Entwicklungsgeschichte des Triumphzuges
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0033
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Karl Giehlow.

Gebetbuche Kaiser Maximilians macht es sehr wahrscheinlich, daß sie tatsächlich ebenfalls vom Bruder
Albrechts, der ja auch im Holzschnittwerk der Ehrenpforte eine nicht unbedeutende Rolle spielt, her-
rühren.1

Schlimmer als auf kunstkritischem Gebiete ist es Schestag mit seinen Ansichten über die Ent-
stehungsgeschichte des Triumphzuges ergangen, die für die vorliegende Frage nach der Datierung des
Triumphreliefs um so wichtiger sind, als sie sich aus den verschiedenen Darstellungen des Triumph-
wagens ableiten. Seine Auffassung teilt das von ihm sicher selbst geahnte Geschick aller der Arbeiten,
die ohne Hilfe eines ausreichenden urkundlichen Materials geschrieben werden müssen; doch läßt sich
nicht verhehlen, daß seine Darstellung dem natürlichen Gange einer künstlerischen Entwicklung wider-
spricht.

Zusammen mit einer Exegese der Urkunden zur Ehrenpforte wurden vor einiger Zeit auch die
archivalischen Nachrichten, die eine von Schestag abweichende Darstellung der Entstehungsgeschichte
des Triumphzuges bedingen, behandelt;2 doch haben diese Ausführungen nur vereinzelt Beachtung
gefunden. Es ist daher bei der folgenden Schilderung, die im wesentlichen darauf zurückkommt, eine
ausführlichere Wiederholung der Beweisgründe oft nicht zu vermeiden.

Von vorneherein wurde für Schestag die Meinung verhängnisvoll, daß der Kaiser die Miniaturen,
die 110 Pergamentblätter größten Formates füllten,3 ursprünglich nicht für den Holzschnitt bestimmt
sondern erst nach ihrer Vollendung den Entschluß gefaßt habe, sie vervielfältigen zu lassen. Gerade
der Triumphwagen mit seiner äußerst sorgfältigen Ausführung (Fig. 5) bestärkt Schestag in dieser An-
sicht. Doch hätten ihn die kurz vorher veröffentlichten Miniaturen des Freydal und die darnach gefertig-
ten Holzschnitte schon darüber stutzig machen sollen. Allerdings läßt sich heute bei der Fülle der
erschlossenen Urkunden leicht kritisieren.

Mehr ist ihm zur Last zu legen, daß die im Codex 2835 enthaltenen Anweisungen als das für die
ganze Entstehung des Triumphzuges maßgebende Programm aufgefaßt wurden. Er hebt hervor, daß
sich der Miniaturmaler im einzelnen Falle fast sklavisch an den Auftrag gehalten habe, während ander-
seits die größten, zum Teile auch von ihm vermerkten Abweichungen des Programmes von den Minia-
turen vorhanden sind.4 Die Standartenreiter tragen zum Beispiel den zeitgenössischen Harnisch dort,
wo ausdrücklich ein solcher «nach der alten manier» vorgeschrieben wird. Der dabei gewählte Aus-
druck, «der maier solle ainem jeden seinen harnasch verändern*, hätte schon die Annahme einer späte-
ren Abfassung des Programmes nahelegen sollen, wenngleich diese Vorschrift tatsächlich vom Holz-
schnittzeichner auch nicht befolgt wurde. Das Programm macht des weiteren über die Zahl der durch

1 Vgl. Wilhelm Schmidt. Über den Anteil Wolf Trauts, Hans Springinklees und Albrecht Altdorfers an der Ehren-
pforte Kaiser Maximilians I.: Chronik für vervielfältigende Kunst, IV. Jahrgang (1891), S. 9—13. Über Hans Dürers Tätig-
keit an der Ehrenpforte wird in den Beiträgen zur Kunstgeschichte, S. 110, gehandelt. Die Hand Hans Dürers zeigen auch
die Windköpfe auf dem Holzschnitte mit den Hemisphären der Erde (H. 2110, S. 201); vgl. über diese Ansicht Campbell
Dodgson, p. 209; sein Stil und nicht der Albrecht Dürers ist auch in dem Wappen mit den drei Löwenköpfen (Abbildung
bei Scherer, a. a. O., S. 317) deutlich zu erkennen. Über dieses Wappen des Bannisis vgl. Jahrbuch V, 339, wo es a's Zeich-
nung Dürers, wie bis jetzt überhaupt, gilt. Dagegen ist auf die Übereinstimmung der Blattformen und Schnörkel mit den
Zeichnungen Hans Dürers im Gebetbuche aufmerksam zu machen, die bei aller Ähnlichkeit mit Albrecht Dürer doch typi-
sche Verschlingungen besitzen; die Ansätze des Kapitäls an den Säulen, die falsche Perspektive des Helmes auf dem Wappen
sind Albrecht Dürer fremd. Der in Oxford, Ashmolean Museum, aufbewahrte Kupferstich, H3 1517, erinnert in manchen
Einzelheiten an die Blätter Hans Dürers im Triumphzuge, doch ist die Zeichenweise viel unbeholfener und schüchterner,
was sich durch die fremde Technik erklären ließe. Ob die auf dem Holzschnittte Bl. 57 des Triumphzuges am Kleidbesatze
der Wappenhalterin befindlichen Buchstaben H V oder H L, die auch Campbell Dodgsons Aufmerksamkeit erregten, beim
Schneiden aus H D verstümmelt oder Zierate sind, läßt sich schwer entscheiden.

2 Vgl. den mehrerwähnten Aufsatz: Urkundenexegese zur Ehrenpforte, in den Beiträgen zur Kunstgeschichte, S. 91 ff.

3 Vgl. Schestag a. a. O., S. 154. Die Miniaturen sind vollständig in einer späteren Kopie des XVI. Jahrhunderts
erhalten; vom Original gibt es nur noch die Blätter 50—109, dazu das Blatt mit den Autoren. Nach mündlicher Mitteilung
des Herrn P. Albin Czerny, weiland in St. Florian, waren sie aus Graz durch den Kunsthandel nach dem Stifte St. Florian
gelangt; vgl. weiter Gottlieb a. a. O., S. 140. Sie wurden für 12.000 Gulden für die Wiener Hofbibliothek erworben.

4 Chmelarz ergänzt die Lücken des Programmes aus einer späteren Beschreibung der Miniaturen im Codex 2805. Nach
der Bezeichnung tkaiser Maximilians des Ersten diß namens hochlöblichster gedechtnuß Triumph» stammt diese aus der
Zeit Kaiser Maximilians II. oder später.
 
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