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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Giehlow, Karl: Dürers Entwürfe für das Triumphrelief Kaiser Maximilians I. im Louvre: Eine Studie zur Entwicklungsgeschichte des Triumphzuges
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0041
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Karl Giehlow.

Werkstatt, eine riesige Leistung, selbst wenn die Kopien nicht in Malerei ausgeführt waren. Von der
gewaltigen Masse hat sich nur die zweite Hälfte des Triumphzuges im Original erhalten, auch als Torso
noch ein Werk von staunenswerter Größe, ein ergiebiger Schatz für die Kenntnis des Einflusses der
alpenländischen Kunst auf die Maler der Donauschule, der hoffentlich bald durch eine Vervielfältigung
mit kritischem Texte gehoben werden wird.

Mit den vorstehenden Untersuchungen ist auch die Datierung der Miniatur des Triumphwagens
als Teil des Zuges gegeben, die für die Frage nach der Entstehungszeit der Entwürfe zum Triumph-
relief besonders wichtig ist.1 Rechnet man die Zeit, die beim schwerfälligen Abrechnungsverfahren
zwischen der Forderung des nicht unerheblichen Aufwandes für die Verpackung der Miniaturen und der
Auszahlung verstreichen mußte, so erfolgte die Absendung der beiden Triumphzugminiaturen noch
Ende 1511. In diesem Jahre waren sie also spätestens fertig; sie entstanden nicht etwa in der Zeit von
1514 bis 1515, wie Thausing will, oder nach Schestags Ansicht zwischen 1513 bis 1516, entsprechend
der Annahme, daß die Albertinaskizze ihnen vorausging.

Als Ziel der Sendung Kölderers kann nur Nürnberg in Betracht kommen. Uber diesen Ort hatte
Maximilian in Innsbruck seinen Reiseweg zum Reichstag in Trier gewählt. Nachdem er Ende Dezember
1511 bis nach Linz gekommen war und sich mit Unterbrechungen dort bis zum 20. Januar 1512 aufge-
halten hatte, brach er nach der Heimatstadt Albrecht Dürers auf, um sie mit fast täglichem Wechsel des
Nachtquartiers am 4. Februar zu erreichen und dortselbst bis zum 15. zu bleiben.2 Stabius' Anwesen-
heit in Nürnberg ist schon für die erste Hälfte des Jahres 1512 bezeugt. Am 3i. Mai widmete er dort
dem Kaiser ein Horoskop, dessen Holzschnitt sicher eine langwierige Überwachung beansprucht hatte.
Zwei andere Horoskope, die er am 3o. Juli dem Kardinal Lang und am 8. August dem kaiserlichen
Sekretär Jacob de Bannissis zueignete, beweisen ein sich weiter ausdehnendes Verweilen in Nürnberg.3
Ja, man darf ihn getrost noch länger dort vermuten; denn neben den Privatarbeiten auf astronomischem
Gebiete harrte seiner als Aufgabe Maximilians das «zum weg richten* der Köldererischen Miniaturen.

In der von Schestag nicht verwerteten Gesamtübersicht über den Fortschritt der literarisch-künst-
lerischen Unternehmungen, die Maximilian während eines Abstechers von Köln nach Niederwesel am
14. Oktober 15 12 seinem Silberkämmerer Siegmund von Dietrichstein mitteilte, heißt es, daß «wir alltag
des Stabius gewartent sein», und weiter: «Stabius hat auch den Triumpfwagen ganz und gar zum weg ge-
richt, aber wir haben den noch rät uebersehen.»* Es bezieht sich das auf die Nürnberger Tätigkeit des
Humanisten gemeinsam mit Dürer, der nach dem erwähnten Schreiben an Kreß um jene Zeit schon
mehrere Monate am «Triumph-» und besonders an dem «zierlichen werke» der Ehrenpforte gearbeitet
hatte.5 Da des letzteren Werkes in dem Überblicke des Kaisers keine Erwähnung geschieht, liegt hier
wohl ein Beispiel vor, daß der Ausdruck «Triumphwagen» auch die Ehrenpforte umfaßt. Der Kaiser
drückte sich eben ungenau aus, weil er die ihm vom Stabius bereits zugeschickten Ergebnisse seiner
Wirksamkeit in Nürnberg noch «nicht uebersehen» hatte.

Bis in den Herbst hinein hatte der Humanist mit Dürer erwogen, wie sich am besten die Mi-
niaturen durch den Holzschnitt vervielfältigen ließen. Es war zunächst ein Überschlag zu machen,
wieviel «formen» dafür erforderlich würden, da die Miniaturblätter zu groß waren, um auf einen Holz-
stock übertragen werden zu können.6 Dabei stellte sich denn auch die Unzulänglichkeit mancher Dar-

1 Miniatur 9j enthält den Wagen mit den beiden ersten Pferdepaaren, Miniatur 92 die vier anderen.

2 Vgl. Viktor v. Kraus, [tinerarium Maximilians 1. 1^08 — 1518: Archiv für Österr. Geschichte, Band 87, I. Heft, Wien 1899.

3 Vgl. Campbell Dodgson, Drei Studien, Jahrbuch Band XXIX, S. 9.

4 Vgl. den Abdruck aus Codex 7425 der Wiener Hofbibliothek bei Quirin von Leitner, Freydal, Wien 1880,82, p. X;
Alwin Schultz, Der Weißkunig, Jahrbuch Band VI, S. XVII; Simon Laschitzer, Der Theuerdank, Jahrbuch Band VIII, S. 11 ff. Die
Stelle über die bevorstehende Ankunft des Stabius lautet: Wollest auch den Neidhart auf das furderlichst, so sein mag,
dannen richten und uns den zueschickhen, da das gemel darzue alles beraith und geschnitten ist; und alsbalt der Stabius
kombt, des wier all tag gewartent sein, wollen wir darin beschließen und denselben dem Peitinger zueschickhen.

5 Vgl. Anhang, Nr. 2, den Denkzettel Dürers für Kreß vom 3o. Juli 1515.

6 Vgl. Anhang, Nr. i3, den Bericht des Stabius über den Stand der Holzschneidearbeit am Triumphzuge im Jahre 1519
nach dem Ableben des Kaisers, und Anhang, Nr. 4, seinen Bericht über die Kosten der vollständigen Ausführung des Triumph-
zuges. Ein Kostenüberschlag wurde vor dem Beginne der Arbeit gemacht; vgl. den Hergang beim «Freyall»: Anhang, Nr. 14.
 
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