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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Pollak, Oskar: Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520-1600
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0117
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I I O Oskar Pollak.

Gebälk der Nischen, in dem Verhältnis seiner drei Teile zueinander, nicht ungetadelt passieren lassen.
Alles scheint also dafür zu sprechen, daß Wolmuet diese Fassade wirklich selbständig entworfen hat.

Die Arbeiten dieses Architekten müssen sehr nach dem Herzen des Königs und seines obersten Bau-
inspektors in Prag, des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, gewesen sein. Denn trotz der Unzahl von
italienischen Meistern und Maurern, die mit oder ohne offizielle Stellung in Prag satten und auf Erwerb

lauerten, die keine Gelegenheit unbenutzt vor-
übergehen ließen, um dem deutschen Meister,
der die Kühnheit hatte, einheimische und
deutsche Arbeiter statt italienischer zu beschäf-
tigen, ein Bein zu stellen und seine Stellung
durch die niedrigsten Intrigen zu untergraben,1
werden doch fast alle kaiserlichen Bauunter-
nehmungen der sechziger und siebziger Jahre
diesem Meister übertragen. Um so wertvoller
werden die Aufschlüsse sein, die diese Bauten
uns über die Absichten der damaligen nor-
dischen Architekten zu geben versprechen.

Wenn wir uns zunächst der Tätigkeit
dieses Meisters für die Prager Schloßkirche,
den St. Veitsdom, zuwenden wollen, so wird
es notwendig sein, sich den Zustand dieses
Baues um die Mitte des Jahrhunderts zu ver-
gegenwärtigen. Dem ursprünglichen, unter
Karl IV. begonnenen Bau hatten die Hussiten-
stürme ein Ende gemacht: nur der hohe Chor
und die anschließende Querschiffswand sowie
ein unvollendeter Turm waren fertig. König
Wladislaw, unter dessen Regierung die in der
Hussitenzeit zerstörten Kirchen und Schlösser
Böhmens eine neue Auferstehung feierten, faßte
auch den großen Plan, den Dom auszubauen,
und sein Baumeister Benedikt Rieth begann
im Jahre 1509 mit der Fundamentierung der
Langhauspfeiler und des zweiten Turmes.
Nach zwei Jahren aber wurde das Unternehmen
Geldmangels wegen aufgegeben.2 Der fertige
Chorbau begann mangels Pflege langsam zu
verfallen und schon im Jahre 1535 schreibt König Ferdinand I. an die maßgebenden Persönlichkeiten in
Prag, sie sollten auf Geldbeschaffung denken, um den baulich sehr herabgekommenen Dom wieder her-
zustellen.3 Die Angelegenheit zog sich durch die folgenden Jahre hinaus; im Jahre 1538 hört man endlich
von einer Steuer, die das Prager Kapitel zur Restaurierung der Kirche verwendet habe.4 Der furchtbare
Brand vom Jahre 1541 versetzte den Dom in den traurigsten Zustand; doch wird ausdrücklich ver-
sichert, das Gewölbe habe keinen Schaden genommen.5 Mit allen verfügbaren Mitteln schritt man sofort
daran, den erhaltenen Bestand zu sichern: zunächst wurde der Dachstuhl neu hergestellt; im Jahre 1550

1 Vgl. besonders Reg. Nr. 7227, 7229, 4279, 4282, 4283 und 4283A.

2 Podlaha-Hilbcrt, 1. c, p. 7.

3 Reg. 5979.

4 Reg. 5980, 5982, 5992, 6006.

5 Rüg. 6056.

Fig. 27. Eingang zum Teinhof.
 
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