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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Pollak, Oskar: Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520-1600
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0125
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Oskar Pollak.

Turm der Schittkauer Mühlen, den Petersturm, die Türme der Salvatorische u. a. m. Doch muß
man gerade bei der Besprechung dieser Helme vorsichtig sein, da infolge von Bränden, Blitzschlägen
und anderen Vorkommnissen nicht ein einziger seine ursprüngliche Form beibehalten hat. Man müßte

da auf alte Stiche zurückgreifen,
die aber auch nicht immer verläß-
lich sind.

Wir haben bisher den Palast-
bau und kirchliche Werke der fünf-
ziger Jahre betrachtet. Es haben sich
aber glücklicherweise auch wohl-
erhaltene Beispiele bürgerlicher
Baukunst aus dieser Zeit erhalten,
auf Grund deren man sich ein Urteil
bilden kann, ob sich diese völlige
Hingabe an den «neuen Stil» nur an
höchster oder hoher Stelle konsta-
tieren läßt oder ob und inwieweit
diese italienischen Bauformen auch
den Beifall des wohlmögenden Bür-
gers fanden. Das erste dieser zu be-
trachtenden Bürgerhäuser ist der so-
genannte «Teinhof» in der Altstadt,
der nach zwei im Hofe erhaltenen
Jahreszahlen in den Jahren 1559—
1560 erbaut, respektive vollendet
wurde. Der Bauherr war Jakob der
Jüngere Granowsky von Granow.1
Waren die Paläste, die wir bisher be-
trachtet haben, meist symmetrische
regelmäßige Anlagen, so ist die der
Teinkirche zugewendete Fassade die-
ses Baues (Fig. 27) nach dem Prin-
zipe der unsymmetrischen Massen-
komposition angelegt. Das an der
linken Ecke rund vortretende Stie-
genhaus mit den schießschartenähn-
lichen Fensterchen, das rustizierte
Portal (von dem noch zu sprechen
sein wird) geben dem Ganzen ein
ernstes, fast festungsartiges Aussehen;
auch der ganz einfache Giebel, der
nur von drei horizontalen Gesims-
gurten geteilt wird — eine Form, die an Bürgerbauten von nun an fast allgemein verwendet wird, — trägt
zum Ernste des Eindruckes bei. Nur das große, aus drei Fenstern zusammengezogene Gruppenfenster
bringt eine freundlichere Note in diese Fassade. Endlich dürfen wir nicht außeracht lassen, daß auch
diese Fassade, wie uns berichtet wird, einst ganz mit Sgraffiten bedeckt war, was den Eindruck wohl
völlig geändert haben mag. Leider hat sich davon keine Spur erhalten.

Fig. 35. St. Voitsdom, Kpitaph des Ritters Proskowsky von Proskowetz.

1 Ruth, L c. III, p. 1060.
 
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