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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Pollak, Oskar: Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520-1600
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0137
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i3o

Oskar Pollak.

ein so kleines Feld zu größerer Betätigung fanden, oder aber, daß uns deren Werke verloren gegangen
sind. Doch da wir keine Geschichte der Prager Bildhauerkunst zu geben unternommen haben, möge
das Gesagte zur Würdigung des vortrefflichen Werkes genügen.

Die Reihe der eigentlichen Renaissanceepitaphe beginnt mit dem des Ritters Hans Gregor von
Herberstein (f 1548) im Prager Dom:1 Hier sieht man noch die glatte, mit der umlaufenden Inschrift
versehene spätgotische Umrahmung des Relieffeldes; das roh profilierte Postament, das einfache Ab-
schlußgesims sind schwache Konzessionen einer durch jahrhundertelange Übung verhärteten Gewohn-
heit an den neuen Stil; auch in der
Darstellung des Reliefs selbst sehen
wir schon den Typus, der auf figu-
rierten Epitaphien bis zum Ende
des Jahrhunderts so gern verwen-
det wurde: ein hohes Kreuz mit
dem Erlöser auf einer Seite; dem
Kreuze zugekehrt, in voller Rüs-
tung knieend und anbetend der
Verstorbene; zu Füßen des Kreuzes
sein Wappen und sein Helm.

Wie die architektonischen
Formen der italienischen Renais-
sance sich auch allmählich des
Grabmales vollständig bemäch-
tigten, zeigt in lehrreicher Weise
das neben dem vorigen aufge-
stellte Epitaph des Ritters Jakob
Proskowsky von Proskowetz
(t i5+S)j ^as *nm laut Inschrift im
Jahre 1567 errichtet wurde (Fig.
35). Das Relief selbst folgt genau
dem eben besprochenen Typus.
Aber an die Stelle des glatten In-
schriftrahmens ist eine dorische
Ädikula mit profiliertem Sockel,
Pilastern, Architrav, Triglyphen-
fries und Kranzgesims getreten.
Auch das Relieffeld ist von einer
schmalen Profilleiste umrahmt.
Übrigens erinnern die ganzen Pro-
portionen sowie einzelne Formen,
vornehmlich die seltsam facettier-
ten Metopen, so stark an das Obergeschoß des Belvederes (Fig. 17), daß es sehr leicht möglich ist,
daß Wolmut auch bei diesem Grabmale die Hände im Spiele gehabt hat.

Die durch das Tridentiner Konzil in allen katholischen Landen hervorgerufene ernste Stimmung
und religiösere Lebensauffassung, die auf die Kunst in Italien den einschneidendsten Einfluß ausübte und
die Hingebung an Gott vor allem durch großartige Kirchenbauten manifestierte, konnte auch an Prag
nicht wirkungslos vorübergehen. Daß man erst am Ende der siebziger Jahre derartige Regungen ver-
spürte, liegt an der liberalen Gesinnung Kaiser Maximilians II. (f 1576), unter dem der Protestantismus

Fig. 47. Karlsplatz, Palais Salm, Portal.

1 Abbildung bei Podlaha-Hilbcrt, 1. c, p. 170, Fig. 242.
 
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