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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Pollak, Oskar: Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520-1600
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0141
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Oskar Pollak.

vollendet. Leider rindet sich weder bei Hammerschmid noch bei Schmidl der geringste Hinweis auf die
Nationalität oder den Namen des Architekten.

Das größte Interesse beansprucht zunächst die Gesamtanlage (Fig. 3g), die wohl einzig dasteht: es
ist eine dreischifrige Pfeilerhalle mit wenig überhöhtem Mittelschiff; in die Seitenschiffe sind Emporen
eingezogen; etwa im zweiten Drittel der Gesamtlänge ist ein über die Langhauswände nicht vorsprin-
gendes Querschiff angedeutet, über
dessen Vierung sich auf vier Pfei-
lern eine achteckige, 164g errichtete
Kuppel erhebt. An diese Vierung
schließt sich der lange Chorbau an,
der von den sich fortsetzenden Em-
poren-Seitenschiffen begleitet ist,
die in kurze Absidenkapellen endi-
gen. Wir haben also im Grundriß
ein außerordentlich merkwürdiges
Kompromiß von nordischer Hallen-
kirche und italienischem Zentral-
Langhausbau vor uns. Daß diese
Vierung nicht etwa erst durch Um-
bau einer präsumtiven ursprüng-
lichen dreischiffigen Halle gele-
gentlich der Errichtung der Kuppel
im Jahre 164g entstanden ist son-
dern daß die Errichtung dieser
Kuppel schon im ursprüng-
lichen Plane vorgesehen war,
erfahren wir ausdrücklich durch
Schmidl,1 der uns berichtet, man
hätte schon von Anfang an im
Sinne gehabt, zwecks besserer Be-
leuchtung eine Kuppel zu errich-
ten, und hätte daher schon beim
Originalbau die vier Kuppelpfeiler
bis zur Dachhöhe des Mittelschiffes
aufgeführt; Geldnot und später die
stürmischen Kriegsläufte schoben
die Errichtung der Kuppel selbst bis
zum Jahre 1648^ hinaus (*eidem
Salvatoris templo recenter et ex-
cellenter instructo maior lux desi-

derabatur. Erat quidem iam olim, cum aedes haec erigeretur, animus, navi eins lucernam
[cuppulam vtllgus vocat] super struere et eapropter pilae quatuor praevalidae quae medi-
tatum opus suspenderent, usque ad mediam templi testudinem eductae stabant: verum partim
quod sumptus non suppetebat partim quod bellorum motibus toties concuteretur patria, res in sola cogita-
tione haesit haesissetque etiam, nisiR. P. Martinus Stredonius........opus maturari voluisset et absolvh ).

Fig. 51. Titelblatt des V. Libro der Architettura des Serlio.

1 Schmidl, 1. c. IV/2, p. 5o3. — Die Angabe Herains (1. c, p. 229), zugleich mit dem Bau der Kuppel (1649 ff.) seien
auch die Emporen in den Seitenschiffen errichtet worden, hat weder in den Quellenschriften noch am Bau selbst den ge-
ringsten Anhaltspunkt.
 
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