Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

DOI Heft:
I. Teil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Pollak, Oskar: Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520-1600
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0147
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
140

Oskar Pollak.

Fig. 59. St. Veitsdom, Epitaph des Johann von I.obkowitz, Detail

Fig. 60. Konsole aus Vrcdeman de Vries,
Architektur.

nicht mehr in seiner originalen Fas-
sung sondern wurde vor einiger
Zeit restauriert. Es ist peinlich
nach den Regeln gearbeitet und
würde auch in Italien gute Figur
machen. Vielleicht lehnte sich der
Künstler an irgendeinen Entwurf
an; die Benützung z. B. des Portal-
kerns des Blattes Nr. 17 der «Opere
dilicate» in Serlios «Extraordi-
nario libro» (Fig. 46) ist nicht un-
wahrscheinlich. Doch ging der
Künstler im Sinne des italienischen
Frühbarocks darin über Serlio hin-
aus, daß er den ganzen Mittelteil des
Portals, Halbsäulen und darüber-
liegendes Gebälk, vorkröpfte, re-
spektive von Viertelpilastern und
entsprechendem «Viertelgebälk» be-
gleiten ließ. Die Wellen der Bewe-
gung im Mutterlande dieser Kunst
machten sich also auch in so weiter
Ferne fühlbar. Freilich nur unter
den fortgeschrittenen italienischen
Meistern.

An Meister Ulrich Austalis
z. B., den wir als Erbauer der Adal-
bertskapelle vor dem Dom kennen
gelernt haben, gingen sie spurlos vorüber; ja dieser Meister, der
seit seiner frühen Jugend ununterbrochen in Prag und Böhmen
gearbeitet hatte, geriet sogar unter nordischen Einfluß. Diese Rück-
ständigkeit und diesen nordischen Einfluß zugleich zeigen wenig-
stens zwei Portale, die ich, da der Künstler in aktenmäßig belegten
Beziehungen zu den respektiven Erbauern stand, für ihn in An-
spruch genommen habe.1

Das erste ist das der ehemaligen Trinitätskapelle vor der
einstigen Westfassade des Domes,2 einer gotischen, im Jahre 1583
von der Witwe des Oberstkanzlers Wratislaw von Pernstein um-
gebauten Kapelle, die in den Jahren 1884—1887 ebenfalls dem Dom-
ausbau zum Opfer fiel. Die Aufnahme, die Mocker vor dem Abbruch
von dem Portal dieser Kapelle gemacht hat, zeigt einen spitz-
bogigen gotischen Türstock, dem ein gerades Gebälk, das auf zwei
langen Voluten ruht, aufgesetzt wurde. Interessant sind die in die
Zwickel eingesetzten Wappen — ein völlig nordisches Motiv.

Das zweite Portal ist das des Palais Salm auf dem Karls-
platze (Nr. Cons. H/671, Fig. 47). Dieses Palais wurde am Ende des

1 Siehe den bereits genannten Artikel über Austalis in Thieme-Beckers Künstlerlcxikon.

2 Podlaha-Hilbert, I.e., p. 101; dazu die Reproduktion der Mockerschcn Aufnahme in Fig. 127 auf p. 100.
 
Annotationen