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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Pollak, Oskar: Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520-1600
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0148
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Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520—1600.

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XVIII. Jahrhunderts vollständig umgebaut und dabei das Portal teilweise zerstört und verändert. Doch
ist der eigentliche Kern des Portals bis zum Abschlußgesimse wohlerhalten; nach Analogie mit dem
vorhin genannten Werke können wir uns vorstellen, daß dieses Abschluf3gesimse beiderseits von lang-
gestreckten Voluten getragen war. Mit dem Portal der Trinitätskapelle hat es die in die Zwickel ein-
gesetzten Wappen gemein, mit dem Portal der Adalbertskapelle (Fig. 36) die von den Belvederefenstern
entlehnte Inschrifttafel im Fries mit den ausgestanzten Rändern. Hier erinnert diese Tafel besonders
stark an die Formen des «Beschlägwerkes», da die Ausstanzung auch die Längsseiten der Tafel begleitet.

Die allmähliche Emanzipation
der Prager Architektur aus den Fes-
seln italienischer Regelstrenge be-
gann in den siebziger Jahren, und
zwar an kleineren dekorativen Wer-
ken: am Grabmal. Doch hat auch
hier ein fremder Einfluß das Eis ge-
brochen: es sind niederländische
Künstler gewesen, die seit dem Re-
gierungsantritte Rudolfs II. sich in
immer größerer Zahl in Prag nieder-
ließen und vor allem als Maler und
Bildhauer zu wirken begannen. Es
ist bezeichnend, daß schon Kaiser
Maximilian II., als er seinem Vorgän-
ger Ferdinand I. und dessen Gemah-
lin ein prächtiges Grabmal im Prager
Dom errichten wollte, in Prag keinen
tauglichen Bildhauer fand und sich
an den niederländischen Bildhauer
Alexander Colin, der damals am
Grabmale Kaiser Maximilians I. in
Innsbruck beschäftigt war, mit dem
Auftrage wendete, das Modell zu die-
sem Grabmale anzufertigen, was denn
auch im Jahre 1566 geschah.1 Die ein-
zelnen Teile dieses Grabmales führte
Colin zunächst vom Jahre 1570—
1573 in Innsbruck aus;2 die fertig- Fig. 61. Prag, städtisches Museum, Epitaph Gutsulzberg,

gearbeiteten Steine wurden von Inns-
bruck nach Linz geschafft und lagen noch im Jahre 1575 dort;3 1581 waren sie zur Aufstellung endlich
nach Prag geschafft worden;4 da Rudolf II. aber die Absicht gefaßt hatte, das Grabmal zu erweitern
und es auch zu einem Monumente für Kaiser Maximilian II. zu machen, arbeitete Colin noch vom
Jahre 1587 bis zum Jahre 158g zuerst in Innsbruck, dann in Prag am Grabmal; am 20. Oktober 1589
heißt es, das Grabmal sei nun ganz fertig.5 Es trägt auch die Signatur: «Alexa. Colin. 1589.» Das
Denkmal (Taf. XV),6 ganz in weißem Marmor ausgeführt, ist ein Hochbau, der auf der oberen Decke

1 Reg. 9709, 9925, 9934, 9963.

2 Reg. 10186, 10192, 10215, 10487, 10488.

3 Reg. 10560, 10576, 10580.
* Reg. 8213.

5 Reg. 11189, 11190, 11196, 11661, 8264—8266.

6 Vgl. die Abbildungen bei Podlaha-Hilbert, Fig. 228—241; besonders die vielen Details!

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