Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520—1600.
I6l
In diesem letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts wird der Überblick über die Prager Bauentwicklung
besonders schwierig. Die mannigfachsten Richtungen gehen nebeneinander her, durchkreuzen sich,
nehmen eine von der andern auf. Der neue, von den Niederländern eingeführte Stil macht immer
weitere Fortschritte; die Italiener hingegen verteidigen hartnäckig den Boden und bauen so, als wären
sie in Italien; die Schwächeren unter ihnen und wohl auch die Einheimischen vermischen bald Italien5-
Fig. 80. Prag, städtisches Museum, Epitaph Lukschan.
sches mit Niederländischem, bald umgekehrt. Das eben besprochene Portal des Palais Hrzan war ein
solches Beispiel einer mit niederländischen Motiven durchsetzten italienischen Bauweise.
Auch dekorative Werke entstanden in diesem Sinne: so das Grabmal des 1590 verstorbenen Herrn
Georg Popel von Lobkowitz im Prager Dom (Fig. 74). Man merkt an diesen Werken, daß die Meister
sich nicht ganz dem neuen Stile verschließen konnten, daß sie aber andererseits die mühevoll errungene
Kenntnis und Sicherheit in der Behandlung der südlichen Formen nicht sofort über Bord werfen wollten.
In der Umrahmung dieses Grabmals, die von je zwei gekoppelten kannelierten korinthischen Halb-
säulen über je einer Volutenkonsole und dem darüber verkröpften Gesimse gebildet wird, spürt man in
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In diesem letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts wird der Überblick über die Prager Bauentwicklung
besonders schwierig. Die mannigfachsten Richtungen gehen nebeneinander her, durchkreuzen sich,
nehmen eine von der andern auf. Der neue, von den Niederländern eingeführte Stil macht immer
weitere Fortschritte; die Italiener hingegen verteidigen hartnäckig den Boden und bauen so, als wären
sie in Italien; die Schwächeren unter ihnen und wohl auch die Einheimischen vermischen bald Italien5-
Fig. 80. Prag, städtisches Museum, Epitaph Lukschan.
sches mit Niederländischem, bald umgekehrt. Das eben besprochene Portal des Palais Hrzan war ein
solches Beispiel einer mit niederländischen Motiven durchsetzten italienischen Bauweise.
Auch dekorative Werke entstanden in diesem Sinne: so das Grabmal des 1590 verstorbenen Herrn
Georg Popel von Lobkowitz im Prager Dom (Fig. 74). Man merkt an diesen Werken, daß die Meister
sich nicht ganz dem neuen Stile verschließen konnten, daß sie aber andererseits die mühevoll errungene
Kenntnis und Sicherheit in der Behandlung der südlichen Formen nicht sofort über Bord werfen wollten.
In der Umrahmung dieses Grabmals, die von je zwei gekoppelten kannelierten korinthischen Halb-
säulen über je einer Volutenkonsole und dem darüber verkröpften Gesimse gebildet wird, spürt man in