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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Pollak, Oskar: Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520-1600
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0173
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Oskar Pollak.

halbrund geschlossenen Fenster, die durch zwei senkrechte Pfeiler in drei gleichbreite Teile geschieden
werden, sowie das einfache, von Konsolen getragene Abschlußgesimse. Wie das Portal aussah, wissen
wir nicht, da das heutige ebenfalls dem XVIII. Jahrhundert angehört. Vergleicht man diesen Bau mit
der 15 Jahre früher entstandenen Adalbertskapelle vor dem Dom (vgl. Fig. 36—38), so wird man den

gewaltigen Schritt zu barockem
Empfinden bemerken: nicht mehr
die Einteilung der Wand in Ni-
schen, die die Fenster möglichst
verhüllen, sondern gerade die
kräftige Kontrastwirkung der gro-
ßen glatten Mauerfläche und der
denTiefraum andeutenden großen
Fenster. Diese Fensterform hat
übrigens in Prag Schule gemacht:
die gleiche Form verwendete der
Architekt der 1611 — i6i3 ent-
standenen St. Maria de Victoria-
Kirche auf der Kleinseite an den
Längswänden und an der Fassade
dieser Kirche.

Dieser streng italienischen
Richtung gehören auch eine Reihe
von Portalen an, die gegen Ende
des Jahrhunderts entstanden. Im
Jahre 1585 berief Kaiser Rudolf II.
den Architekten Johann Gar-
giolli aus Florenz und den An-
tonio Valenti zu sich, die am
Prager Schlosse große Umbauten
vornehmen sollten.1 Am 3. Juni
1586 wurde Gargiolli zum kaiser-
lichen Baumeister ernannt.2 Zu-
nächt verfertigten diese beiden
Meister die Modelle für das «vor-
habende .....schlossgepeud»; es

ist überaus bezeichnend, daß der
Kaiser den Gargiolli mit diesen
Baumodellen, «so zu dem neuen
pau gemacht worden», nach Ita-
lien «zu andern furnemben pau-
maistern » schickt, um diese Mo-
delle «mit inen wol zu beratschlagen und zu besichtigen».3 Der Kaiser wollte also ganz sicher gehen,
daß der Bau auch wirklich so ausfalle, daß er selbst in Italien Anklang finden könnte. Die Arbeiten an
den Modellen dauern aber noch bis zum Jahre 1589, in welchem dem Gargiolli für das nunmehr voll-
endete Modell 368 Taler 16 Groschen gezahlt werden.4 Welche Ausdehnung dieser Umbau annahm
und wann mit dem Bau begonnen wurde, wissen wir nicht. Erst im Jahre 1597 ist mehrmals die Rede
von der Vertäfelung und Ausmalung des Saales «über der neuen rosstallung».5 In der Tat sind denn

Fig. 85. St. Salvatorkirche (Altstadt), Hauptportal.

1 Reg. 8238.

2 Reg. 8237. 3 Reg. 8241.

4 Reg. 8250. 5 Reg. 83o2, 83oa.
 
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