Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520—1600.
169
gesimse auftrat. Eine gewisse Vorliebe zum Breiten und Behaglichen, die in den ersten Jahrzehnten der
Prager Renaissance alle Verhältnisse ins Breite wachsen ließ, bewahrt sich bis zum Schlüsse wirksam
und lebendig. Erst in den letzten Jahren beginnt sich auch hier eine neue Kraft zu äußern, die den
Giebel sprengt und ihn aufbäumt.
Auch in den Dachgiebeln, die durch soviel Jahrzehnte ihre traditionelle, ruhig geschlossene Form
bewahrt hatten, begann sich etwas Neues zu zeigen. Interessant sind da die Giebel des kleineren
Kleinseitner Brückenturmes (Fig. 87), weil sie durch die Portalinschrift des nebenstehenden ehe-
maligen Mauthauses: «Senatus antiquae urbis Prag, aedifichim veteris telonii ruinosum cum vicina turri
refici curavit MDXCIII.» fest datiert sind. Hatten die Dachgiebel seit dem Bau des Palais Schwarzen-
Fig. 88. Giebel des «Sachsenhauses». Ausschnitt aus dem Sacchetti'schen Panorama im städtischen Museum.1
berg (vgl. Fig. 18) auf ein eigentlich architektonisches Gerüste verzichtet und sich mit einfachen hori-
zontalen Quergurten begnügt, so nimmt hier der Architekt die organischere Durchbildung dieses Bauglie-
des wieder auf. Aber hier ist jedwede Erinnerung an die gotische Herkunft endgültig geschwunden,
indem die Pilaster nicht mehr fialenähnlich durchgeführt werden sondern in kleinen Abständen vonein-
ander versetzt sind. Die unterste Gurte dieser Giebelarchitektur ist auf eine Reihe von kleinen Konsolen
gesetzt, gleichsam um dem Aufbau auf dem abschüssigen Dache Halt zu geben. Noch weiter geht in
diesen Neuerungen der Giebelschmuck des schon erwähnten Sachsenhauses, der uns aber heute am
Gebäude selbst nicht mehr erhalten ist. In Sacchettis Panorama von Prag aus dem Jahre i83o, das sich
heute im Stiegenhause des städtischen Museums befindet und das einen Rundblick auf Prag vom Klein-
1 Die Tafeln sowie die Textabbildungen Fig. 3, 4, 6, 17, 25, 48, 55, 61, 74, 75, 76, 80, 88 sind nach Photographien
(zum Teil Originalaufnahmen) von H. Eckert in Prag hergestellt.
169
gesimse auftrat. Eine gewisse Vorliebe zum Breiten und Behaglichen, die in den ersten Jahrzehnten der
Prager Renaissance alle Verhältnisse ins Breite wachsen ließ, bewahrt sich bis zum Schlüsse wirksam
und lebendig. Erst in den letzten Jahren beginnt sich auch hier eine neue Kraft zu äußern, die den
Giebel sprengt und ihn aufbäumt.
Auch in den Dachgiebeln, die durch soviel Jahrzehnte ihre traditionelle, ruhig geschlossene Form
bewahrt hatten, begann sich etwas Neues zu zeigen. Interessant sind da die Giebel des kleineren
Kleinseitner Brückenturmes (Fig. 87), weil sie durch die Portalinschrift des nebenstehenden ehe-
maligen Mauthauses: «Senatus antiquae urbis Prag, aedifichim veteris telonii ruinosum cum vicina turri
refici curavit MDXCIII.» fest datiert sind. Hatten die Dachgiebel seit dem Bau des Palais Schwarzen-
Fig. 88. Giebel des «Sachsenhauses». Ausschnitt aus dem Sacchetti'schen Panorama im städtischen Museum.1
berg (vgl. Fig. 18) auf ein eigentlich architektonisches Gerüste verzichtet und sich mit einfachen hori-
zontalen Quergurten begnügt, so nimmt hier der Architekt die organischere Durchbildung dieses Bauglie-
des wieder auf. Aber hier ist jedwede Erinnerung an die gotische Herkunft endgültig geschwunden,
indem die Pilaster nicht mehr fialenähnlich durchgeführt werden sondern in kleinen Abständen vonein-
ander versetzt sind. Die unterste Gurte dieser Giebelarchitektur ist auf eine Reihe von kleinen Konsolen
gesetzt, gleichsam um dem Aufbau auf dem abschüssigen Dache Halt zu geben. Noch weiter geht in
diesen Neuerungen der Giebelschmuck des schon erwähnten Sachsenhauses, der uns aber heute am
Gebäude selbst nicht mehr erhalten ist. In Sacchettis Panorama von Prag aus dem Jahre i83o, das sich
heute im Stiegenhause des städtischen Museums befindet und das einen Rundblick auf Prag vom Klein-
1 Die Tafeln sowie die Textabbildungen Fig. 3, 4, 6, 17, 25, 48, 55, 61, 74, 75, 76, 80, 88 sind nach Photographien
(zum Teil Originalaufnahmen) von H. Eckert in Prag hergestellt.