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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Geschichte der Porträtbildnerei in Wachs: Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0209
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200

Julius v. Schlosser.

seit dem hohen Mittelalter üblich.
Doch handelt es sich hier zunächst
nicht um Wachspuppen sondern
um hölzerne mannequins mit zum
Teil sorgfältig ausgeführten Köpfen
und Extremitäten. Eine Reihe von
ihnen hat sich in der Westminster
Abbey bis auf den heutigen Tag er-
halten und ist vor kurzem in einem
Artikel von J.Hope in der «Archaeo-
logia» 1 publiziert worden. Die Aus-
stellung der Königsleichen beginnt
erst mit Heinrich II. (1189); später
greift man schon zu allerhand ziem-
lich primitiven Balsamierungs- und
Konservierungsverfahren; Eduard I.
(f 1307) wurde bei Eröffnung seines
Grabes 1774 in einer Hülle von feiner
wachsgetränkter Leinwand vorge-
funden, die die natürlichen Formen
bewahrt hatte, eine Prozedur, die
auch noch später angewandt worden
zu sein scheint. Die erste Erwäh-
nung einer hölzernen Effigies, in
den englischen Urkunden meist
«picture», auch (nach französischem
Vorbild) «representation» genannt,
findet sich bei Eduard II. (f i327,
Hope, p. 331); das älteste erhaltene
Muster dieser Art in Westminster
scheint auf Eduard III. (f 1377) zu-
rückzugehen; es ist eine noch recht
zimmermännisch ausgehauene Holz-
figur,2 doch ist selbst der Name ihres
Verfertigers, Harley, überliefert. Von
Heinrich V. (f 1422 in Vincennes)
berichtet die Chronik des Thomas
von Walsingham, daß die bekleidete
«imago staturae et faciei Regis mor-
tui simillima» bei seiner Leichenfeier
auf dem Katafalk ausgestellt war.3
Nach der französischen Chronik des
Monstrelet wäre die Figur jedoch
aus gesottenem Leder hergestellt gewesen: «sa ressemblance et representation de cuyre bouilly painet
moult gentillement portait en son chief couronne d'or moult precieuse et tenoit en sa main dextre le

Fig. 14. Lord Nelson (Westminster).

1 Vol. LX, London 1907, p. 517 ff.: On the funeral F.ffigies of the kings and queens of England, with special reference
to those in the Abbey-church of Westminster. With a note on the Westminster tradition of identification by the very Rev.
Joseph Armitage Robinson, D. D. F. S. A. Dean of Westminster. — Ich verdanke die Kenntnis dieses Artikels der Güte
Mr. Artur Maygar Hinds vom British Museum. 2 Hope, a. a. O., p. 58. 3 Hope, a. a. O., p. 536.
 
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