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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Geschichte der Porträtbildnerei in Wachs: Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0214
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Geschichte der Porträtbildnerei in Wachs.

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chronik erzählte Geschichte ein hübsches Beispiel: wie der Bildner des für die Speierer Gruft bestimmten
Grabmals Rudolfs von Habsburg Jahr für Jahr die Runzeln im Angesicht des alternden Kaisers gewissen-
haft nachträgt.1

Endlich ist die Beteiligung der hervorragendsten oder wenigstens der durch ihre offizielle Stellung als
solche gewerteten Künstler eine erwähnenswerte Sache. Jean Foucquet, Konrad Meit, Francois d'Orleans,
Jean Perreal, Francois Clouet wurden schon genannt; noch merkwürdiger ist der Konkurs für die Figur
Heinrichs IV., an dem
drei bekannte Künst-
ler, wie der berühmte
Medailleur Guillaume
Dupre, Germain Jac-
quet von Grenoble und
Michel Bourdin von
Orleans (Baudin bei
Malherbe) teilnehmen;
der letztere beginnt ge-
radezu seine Laufbahn
als «sculpteur encire».2
Alle drei Büsten sind
möglicherweise noch
erhalten, wie erst in
jüngster Zeit nachge-
wiesen wurde; das
Werk von G. Dupre
befindet sich jetzt, wie
G. Bapst durch Ver-
gleichung mit den Me-
daillen des Künstlers
festzustellen glaubt, in
den Sammlungen des
Herzogs von Aumale
zu Chantilly: deutlich
unter Benützung der
Totenmaske gearbeitet,
auf einem gleichzeiti-
gen Bruststück aus Ton
aufgesetzt, leider je-
doch in der Empirezeit restauriert (Fig. 18). Die vermutlich von M. Bourdin herrührende Büste ist neuer-
dings nach mannigfachen Schicksalen aus einer Pariser Privatsammlung, des Herrn Desmottes, in das
Musee Carnavalet gekommen (Fig. 19): auch sie ist, wie die andern, aus in der Masse gefärbtem Wachs
gearbeitet, ohne Zuhilfenahme natürlicher Stoffe; sie zeigt eine mehr idealisierte Bildung, ohne doch die
Herkunft von der Totenmaske gänzlich verleugnen zu können.

Eine dritte Wachsbüste Heinrichs IV. endlich, die das Werk jenes Jacquet sein könnte, hat P. de
Vitry im Museum zu Kassel aufgefunden, wo sie sich als alter Besitz, der Tradition nach als Geschenk an

Fi£

19. Büste Heinrichs IV.
(Musee Carnavalet).

1 Ottokars Reimchronik, Cap. 377.

2 Über die Masken Heinrichs IV. hat G. Bapst in der Gazette des Beaux Arts 1891, 2, 28g, eingehende und wertvolle Mit-
teilungen gebracht; die Büste von Chantilly ist in einer Radierung von Gilbert abgebildet in der Gazette des Beaux Arts 1881,
2, 326; die der Coli. Desmottes in einem Aufsatz von Vitry über M. Bourdin, ebenda 1897, J, 9i über die Büste in Kassel
derselbe Autor, ebenda 1898, 2, 464, und Chronique des arts 1898, 290 (Dokument von 1611).

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