Geschichte der Porträtbildnerei in Wachs.
Boden, eine Wiederholung der Entwicklung des Altertums; für uns ist aber der Zusammenhang zwischen
dem Naturabklatsch und der Kunst des Cerajuolo, wie ihn die Geschichte der Votivplastik andeutet,
eine bedeutsame .Tat-
sache. 1
Dagegen ist die zu-
erst von Thode ausge-
sprochene, dann mannig-
fach (so von Molinier
und anderen) wieder-
holte Hypothese, daß der
berühmte Liller Wachs-
kopf auf eine Toten-
maske zurückgehe, eine
ganz widersinnige An-
nahme, ebenso falsch
wie die Behauptung,
daß dieses merkwürdige
Museum von Bassano (Roberti.
in Arte e storia V, H. 6). Da
von Danese Cattaneo urkund-
lichen Nachrichten zufolge
(Campori, Artisti Estensi 62)
das 1555 bestellte Standbild
Fracastoros am Pal. del Con-
siglio zu Verona herrührt,
könnte die (1827 gekaufte)
Wiener Büste wirklich diesen
Mann darstellen, wie die alte
Tradition besagt. Fracastoro
ist 1553 als Siebziger, vom
Schlage gerührt, in Verona
gestorben; die vorhandenen
Bildnisse zeigen ihn stets mit
langem dichten Bart, man kann
sich wohl denken, daß dieser
bei Herstellung der Toten-
maske abgenommen wurde.
Die leicht überarbeitete Bronze-
büste wäre dann wohl als Vor-
studie Cattaneos zu dem Stand-
bild aufzufassen (vgl. die fol-
genden Notizen).
1 Die Herstellung der
Totenmasken ist auch in der
Renaissance, wie heute noch,
ein Geschäft der Künstler ge-
blieben. Als Niccolö Capponi,
Gesandter der Republik, auf
der Heimreise von Genua stirbt,
wird der Bildhauer Silvio Gosini
schleunigst abgeschickt, um
seine Totenmaske zu formen und danach ein Wachsmodell für die Herstellung einer Marmorbüste anzufertigen (Vasari IV,
483). Ebenso nimmt Giulio Romano für Pietro Aretino die Totenmaske (cavo) des 1526 in Mantua verstorbenen Giovanni
delle Bande Nere; das darnach gefertigte Porträt befand sich nach Vasaris Aussage durch viele Jahre im Hause Aretinos
(Vasari V, 547). Ob es ein Gemälde oder eine Adaptierung der Maske in Büstenform war, ist nicht gesagt; das letztere ist
unter diesen Umständen wahrscheinlicher. Vgl. übrigens auch den merkwürdigen Bericht über die Totenmaske Dürers (und
den Abguß seiner Hand) im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerh. Kaiserhauses XXIII, 165.
XXIX. 29
Fig. 3o. Angebliche Büste des Fracastoro
(Wien, Hofmuseum).
Boden, eine Wiederholung der Entwicklung des Altertums; für uns ist aber der Zusammenhang zwischen
dem Naturabklatsch und der Kunst des Cerajuolo, wie ihn die Geschichte der Votivplastik andeutet,
eine bedeutsame .Tat-
sache. 1
Dagegen ist die zu-
erst von Thode ausge-
sprochene, dann mannig-
fach (so von Molinier
und anderen) wieder-
holte Hypothese, daß der
berühmte Liller Wachs-
kopf auf eine Toten-
maske zurückgehe, eine
ganz widersinnige An-
nahme, ebenso falsch
wie die Behauptung,
daß dieses merkwürdige
Museum von Bassano (Roberti.
in Arte e storia V, H. 6). Da
von Danese Cattaneo urkund-
lichen Nachrichten zufolge
(Campori, Artisti Estensi 62)
das 1555 bestellte Standbild
Fracastoros am Pal. del Con-
siglio zu Verona herrührt,
könnte die (1827 gekaufte)
Wiener Büste wirklich diesen
Mann darstellen, wie die alte
Tradition besagt. Fracastoro
ist 1553 als Siebziger, vom
Schlage gerührt, in Verona
gestorben; die vorhandenen
Bildnisse zeigen ihn stets mit
langem dichten Bart, man kann
sich wohl denken, daß dieser
bei Herstellung der Toten-
maske abgenommen wurde.
Die leicht überarbeitete Bronze-
büste wäre dann wohl als Vor-
studie Cattaneos zu dem Stand-
bild aufzufassen (vgl. die fol-
genden Notizen).
1 Die Herstellung der
Totenmasken ist auch in der
Renaissance, wie heute noch,
ein Geschäft der Künstler ge-
blieben. Als Niccolö Capponi,
Gesandter der Republik, auf
der Heimreise von Genua stirbt,
wird der Bildhauer Silvio Gosini
schleunigst abgeschickt, um
seine Totenmaske zu formen und danach ein Wachsmodell für die Herstellung einer Marmorbüste anzufertigen (Vasari IV,
483). Ebenso nimmt Giulio Romano für Pietro Aretino die Totenmaske (cavo) des 1526 in Mantua verstorbenen Giovanni
delle Bande Nere; das darnach gefertigte Porträt befand sich nach Vasaris Aussage durch viele Jahre im Hause Aretinos
(Vasari V, 547). Ob es ein Gemälde oder eine Adaptierung der Maske in Büstenform war, ist nicht gesagt; das letztere ist
unter diesen Umständen wahrscheinlicher. Vgl. übrigens auch den merkwürdigen Bericht über die Totenmaske Dürers (und
den Abguß seiner Hand) im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerh. Kaiserhauses XXIII, 165.
XXIX. 29
Fig. 3o. Angebliche Büste des Fracastoro
(Wien, Hofmuseum).