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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Geschichte der Porträtbildnerei in Wachs: Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0240
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Geschichte der Porträtbildnerei in Wachs.

23r

Molinier nennt, zeigt die schlaffen Züge
des gealterten Königs mit furchtbarer
Lebenswahrheit, ohne jede Schminke
und konventionelle Lüge, wie sie die
Staatsporträte, vom ganzen theatrali-
schen Pathos des französischen Barocks
erfüllt, zur Schau tragen. Das Relief ist
für uns von besonderem Interesse, da es
von einem zu jener Zeit hochgeschätzten
Künstler herrührt, dem wir gleich noch
einmal auf einem sehr charakteristischen
Gebiet begegnen werden. Es ist An-
toine Benoist (i632—1717) «ecuyer,
peintre du Roy et son unique sculpteur
en cire coloree», wie es im Sterbeakt
von 1717 heißt. Er wurde 1681 Mit-
glied der illustren Pariser Akademie der
schönen Künste und 1706 in den Adels-
stand erhoben.1 Für uns ist die in Frank-
reich noch heute anhaltende Schätzung
des Mannes (Blondel, a. a. O., 43o) sehr
merkwürdig. Sein Ruhm reichte über
die Grenzen seiner Heimat hinaus; der
englische Hof bedachte ihn mit einem
ehrenvollen Ruf. Die Poeten seiner Zeit
besangen ihn, so der Abbe Marolies;
er war ein Mann, der sich in der vollen
Gunst seiner Zeit sonnen durfte. Aber
es fehlte auch nicht an weniger aner-
kennenden Stimmen — und auf das
Echo von dieser Seite her müssen wir
besonders horchen; der scharfzüngige
La Bruyere nannte ihn mit wenig Re-
spekt einen «montreur des marionettes».
Ein Kunstgenosse wie der alte Stecher
Abraham Bosse hat ihn dagegen in
seinem Peintre converti (Paris 1667)

1 Blondel hat (a. a. O., vol. XXVI, 429T.)
reichhaltige Nachrichten über ihn gegeben. Die
vollständigste Notiz samt Biographie über Benoist
findet man bei Lami, Dictionnaire des sculpteurs
de l'ecolc francaise sous le regne de Louis XIV,
Paris 1906, p. 27. Boislisle im Bulletin de la
Socidte" de l'histoire de France 1874, 167 (mit
dem Abdruck des Privilegs von 1688). Vgl. auch
Bulletin de la Societe de l'histoire de Paris et
de l'Isle de France 1896, 201; über das Porträt
in Versailles, Soulie in den Archives de l'Art
francais, I. Serie, II, 359. Der Aufsatz von Du-
tilleux in der Revue de l'histoire de Versailles
et de Seine-et-üise 1905 war mir nicht zu-
gänglich.

Fig. 39. Friedrich der Große
(Braunschweig).
 
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