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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Weixlgärtner, Arpad: Ungedruckte Stiche: Materialien und Anregungen aus Grenzgebieten der Kupferstichkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0293
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28o

Arpad Weixlgärtner.

der Tür ihres Kleiderschrankes Heiligenbilder, noch findet man auf dem Lande häufig an die hölzernen
Wände einer Kegelstatt oder eines Lusthauses oder auch eines anderen Ortes Bilder aus Modejournalen,
Witzblättern oder illustrierten Zeitungen aufgeklebt: Holzschnitte wurden durch Kupferstiche, diese
durch bunte Lithographien, die berüchtigten «Farbendrucke», diese durch farbige Autotypien ersetzt.

Fig. 12. Zeugdruck in der Textilsammlung des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie zu Wien.

2. Drucke auf anderen Stoffen als Papier.
a. Zeugdrucke.

Wie es etwa zwischen einem Kupferstichkabinett und einer kunstgewerblichen Sammlung um
eines jener Savoyschen Almosenkästchen zu einer Kompetenzstreitigkeit kommen könnte (denn heut-
zutage würde doch sicherlich niemand mehr den Ausweg einschlagen, den Holzschnitt abzulösen und
ihn den Inkunabeln dieser graphischen Technik einzureihen, das Kästchen selbst aber etwa in der
Möbelabteilung aufzustellen), so könnte auch bei einem Antependium, z. B. bei dem in der Samm-
lung des Sächsischen Altertumsvereines zu Dresden aufbewahrten, auf dessen gewebten Stoff wie sonst
auf Papier von dem Holzstock, in den sie eingeschnitten waren, Heiligenfiguren und Ornamentstreifen
gedruckt sind, die Frage aufgeworfen werden, ob es in die Textilsammlung oder in das Kupferstich-
kabinett gehört. Tatsächlich finden wir solche frühe Zeugdrucke sowohl in den Textilsammlungen von
Kunstgewerbemuseen als auch in Kupferstichkabinetten aufbewahrt. Der in Forrers Buch: Die Kunst
des Zeugdruckes vom Mittelalter bis zur Empirezeit1 auf Tafel XXI abgebildete Schmerzensmann gehört
z. B. zum Bestände des Berliner Königlichen Kupferstichkabinettes, während die Kreuzigung und die
hl. Maria in dem gotischen Tabernakel2 auf Tafel XXII in der Textilsammlung des k. k. Osterrei-
chischen Museums für Kunst und Industrie zu Wien aufbewahrt werden. An dieser Unsicherheit ist
die engherzige ^Stellung schuld, die die modernen Holzschnittforscher im Gegensatz etwa zu Weigel
und Zestermann, die in ihren Anfängen der Druckerkunst in Bild und Schrift (Leipzig 1866) den Zeug-
drucken ein eigenes Kapitel3 widmen, diesen gegenüber größtenteils einnehmen. In Dodgsons monu-
mentalem Kataloge der frühen deutschen und vlämischen Holzschnitte des XV. Jahrhunderts im Briti-
schen Museum z. B. sind die beiden Werke Forrers4 weder im historischen noch im technischen Teile

1 Nach Urkunden und Originaldrucken bearbeitet, Straßburg i. Elsaß 1898.

2 In Weigel-Zestermanns Anfängen der Druckerkunsl abgebildet als Nr. 8 und 9.

3 S. 1—20, von Dr. Fr. Bock verfaßt und «Zeugdrucke» betitelt.

4 Das oben genannte und das vier Jahre früher erschienene: Die Zeugdrucke der byzantinischen, romanischen, gotischen
und spätem Kunstepochen, Straßburg 1894.
 
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