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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Weixlgärtner, Arpad: Ungedruckte Stiche: Materialien und Anregungen aus Grenzgebieten der Kupferstichkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0314
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Arpad Weixlgärtner.

tümliche Technik des zarten Basreliefs, als das sich der silberne Fond seinem eigentlichen Wesen nach
gibt, gut erkennen.

Diese Technik aber sei an einem der vollendetsten und ziemlich genau zu datierenden Stücke der
Gruppe von Goldschmiedearbeiten, in denen sich vor allem Italien hervortut, ausführlicher erörtert. Es
ist dies das Reliquiar für den Schädel des S. Savino im Museum der Domopera zu Orvieto. Es trägt
folgende Inschrift: VGOLINVS ET VIVA DE SENIS FECIERVNT ISTVM TABERNACVLVM.
Es sind dies die beiden Meister Ugolino di Vieri und Viva di Lando, die i33y bis i338 in dem großen
silbernen Schrein, der das ss. Corporale (d. i. das von dem Wunder zu Bolsena herrührende blutgetränkte
Kelchtuch) birgt und im Dome von Orvieto aufgestellt ist, das Hauptwerk der berühmten sie-
nesischen Goldschmiedekunst des Trecento geschaffen haben. Über dieses Werk schlage man zunächst

Venturis Geschichte der italie-
nischen Kunst nach, wo seine
Entstehung geschildert, wo
es beschrieben und im Gan-
zen und in Einzelheiten abge-
bildet ist.1 Das Reliquiar des
S. Savino findet sich gleich-
falls bei Venturi erwähnt und
abgebildet2 und ist außerdem
noch von Ricci in seiner Pu-
blikation über die Ausstellung
alter sienesischer Kunst be-
handelt.3 Hier sei nur an der
Hand der Abbildungen der
Silberplättchen am Posta-
ment, die Szenen aus der Le-
gende des hl. Sabinus dar-
stellen (Taf. XXXI),4 die inter-
essante Technik erörtert, in
der die zarten Basreliefs ge-
arbeitet sind, von denen heutzutage das translucide Email, dem sie ursprünglich nur als Folie dienten,
größtenteils abgeblättert ist. Wo es erhalten ist (und nicht nur hier sondern auch bei den entsprechen-
den anderen Goldschmiedearbeiten), ist es trüb und undurchsichtig geworden, so daß von dem feinen
Basrelief darunter nichts mehr zu sehen ist und dieses tatsächlich nur dort, wo das ursprünglich durch-
scheinende Email abgefallen ist, genossen und studiert werden kann. Vielleicht ist es zu vorschnell, aus
dem Erhaltungszustand des Emails des früher besprochenen Diptychons und jenes z. B. an dem Reli-
quiar des S. Savino auf die technische Überlegenheit des französischen Email translucide des XIV. Jahr-
hunderts gegenüber dem gleichzeitigen italienischen zu schließen. Dort ist es nicht nur tadellos erhalten
sondern auch wunderbar klar und durchsichtig und in seinem auffallend großen Farbenreichtum von
ungetrübter Frische, hier ist es größtenteils abgefallen, und wo es sich erhalten hat, ist es schmutzig-
grün oder opak geworden. Die Darstellungen sind, wie schon gesagt, seichte Reliefs en creux, zum
größten Teile mit verschiedenen Punzen gearbeitet und wohl nur zum allerkleinsten mit Sticheln. Die
Punze wird von dem Goldschmied in der linken Hand geführt, angetrieben aber durch den Schlag des

Fig. 20.

Diptychon mit Silberschnitt unter translucidem Email
aus dem XIV. Jahrhundert.

Wien, Hofmuseum.

1 Adolfe Venturi, Storia dell' arte Italiana IV: La scultura del Trecento e le sue origini, Milano 1906, p. 932 und
940 und fig. 778—783.

2 L. c, p. 911, fig. 759.

3 Corrado Ricci, II Palazzo Puhblico di Siena e la mostra d'Antica Arte Senese, Bergamo 1904, p. 60 und Abb. Nr. 188.

4 Sie wurden durch gütige Vermittlung des Herrn Konservators C. Franci von dem Herrn Photographen Raffaello
Armoni in Orvieto hergestellt.
 
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