Ungedruckte Stiche.
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kaiserlichen Schatzkammer als Bestandteile der Reichskleinodien aufbewahrt, um ein gutes Stück näher.
Auf diesen beiden Stücken und einem dritten ist nämlich nicht nur abermals die ganze Arbeit mit dem
Spitzstichel getan sondern es ist außerdem die Modellierung bereits mit Schraffen erzeugt, die hie und da
sogar in Kreuzlagen angebracht sind. Natürlich sind die Vertiefungen, die die Niellomasse möglichst
festhalten sollen, besonders tief; selbst die dicken Konturen sind aber, was dort, wo das Niello ausgefallen
ist, deutlich erkannt werden kann, mit dem Spitzstichel eingegraben und nicht einmal unterschnitten.
Jedenfalls hätte die Platte, vor der Niellierung mit flüssiger Farbe eingerieben, einen kupferstichähn-
lichen Abdruck liefern müssen, so daß diese Gravierungen tatsächlich Vorläufer gestochener Kupfer-
platten darstellen und meines Erachtens mit viel mehr Recht als etwa die alten Abzüge von den Gra-
vierungen des Aachener Kronleuchters für Vorläufer von Kupferstichen angesehen werden können.1
a
Fig. 21. Goldenes Reliquiar mit den Kettengliedern der Apostel Petrus, Paulus und Johannes
in der Wiener kaiserlichen Schatzkammer [a von vorne, b von oben gesehen).
Der 45 : 123 mm messende Deckel des Goldkästchens (Fig. 21 b), das drei Glieder der
eisernen Ketten enthält, mit denen die Apostel Petrus, Paulus und Johannes gefesselt
waren,2 zeigt graviert und nieliiert folgende Darstellung: An Händen und Füßen mit schweren Ketten ge-
fesselt, hocken auf dem Boden der hl. Johannes der Evangelist, der hl. Petrus und der hl. Paulus. Die
in der Höhe der mit Nimben versehenen Köpfe angebrachte und durch sie unterbrochene Inschrift lautet:
• s • 10m ae • ev • s • pe trv • • s • vmu vs •
Interessanter und wichtiger noch ist die Darstellung auf der Vorderseite (Fig. 21 a), deren Maße 24
und 119 mm betragen. Hier sind die Brustbilder Papst Urbans V. und Kaiser Karls IV. angebracht. Der
Papst reicht mit der erhobenen Rechten dem Kaiser die Kettenglieder dar, nach denen dieser mit der
Linken greift. Die abermals durch die Köpfe unterbrochene und diesmal zweizeilige Inschrift heißt:
1 I.ehrs, Geschichte und kritischer Katalog I (Wien 1908), 2.
2 Diese Reliquie wurde nach dem Nürnberger Heiltumsbuch an fünfter Stelle beim ersten Umgang gezeigt.
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kaiserlichen Schatzkammer als Bestandteile der Reichskleinodien aufbewahrt, um ein gutes Stück näher.
Auf diesen beiden Stücken und einem dritten ist nämlich nicht nur abermals die ganze Arbeit mit dem
Spitzstichel getan sondern es ist außerdem die Modellierung bereits mit Schraffen erzeugt, die hie und da
sogar in Kreuzlagen angebracht sind. Natürlich sind die Vertiefungen, die die Niellomasse möglichst
festhalten sollen, besonders tief; selbst die dicken Konturen sind aber, was dort, wo das Niello ausgefallen
ist, deutlich erkannt werden kann, mit dem Spitzstichel eingegraben und nicht einmal unterschnitten.
Jedenfalls hätte die Platte, vor der Niellierung mit flüssiger Farbe eingerieben, einen kupferstichähn-
lichen Abdruck liefern müssen, so daß diese Gravierungen tatsächlich Vorläufer gestochener Kupfer-
platten darstellen und meines Erachtens mit viel mehr Recht als etwa die alten Abzüge von den Gra-
vierungen des Aachener Kronleuchters für Vorläufer von Kupferstichen angesehen werden können.1
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Fig. 21. Goldenes Reliquiar mit den Kettengliedern der Apostel Petrus, Paulus und Johannes
in der Wiener kaiserlichen Schatzkammer [a von vorne, b von oben gesehen).
Der 45 : 123 mm messende Deckel des Goldkästchens (Fig. 21 b), das drei Glieder der
eisernen Ketten enthält, mit denen die Apostel Petrus, Paulus und Johannes gefesselt
waren,2 zeigt graviert und nieliiert folgende Darstellung: An Händen und Füßen mit schweren Ketten ge-
fesselt, hocken auf dem Boden der hl. Johannes der Evangelist, der hl. Petrus und der hl. Paulus. Die
in der Höhe der mit Nimben versehenen Köpfe angebrachte und durch sie unterbrochene Inschrift lautet:
• s • 10m ae • ev • s • pe trv • • s • vmu vs •
Interessanter und wichtiger noch ist die Darstellung auf der Vorderseite (Fig. 21 a), deren Maße 24
und 119 mm betragen. Hier sind die Brustbilder Papst Urbans V. und Kaiser Karls IV. angebracht. Der
Papst reicht mit der erhobenen Rechten dem Kaiser die Kettenglieder dar, nach denen dieser mit der
Linken greift. Die abermals durch die Köpfe unterbrochene und diesmal zweizeilige Inschrift heißt:
1 I.ehrs, Geschichte und kritischer Katalog I (Wien 1908), 2.
2 Diese Reliquie wurde nach dem Nürnberger Heiltumsbuch an fünfter Stelle beim ersten Umgang gezeigt.