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Arpad Weixlgärtner.
Fig. 27. Aus Buxbaum-
holz geschnitzte Scheide
des von 1610 datierten
vlämischen Messers.
Wien, Hot'museum.
chen des Messers einzuhaken ist. An der Spitze der Scheide ist ein drehbarer
silberner Globus befestigt. Auf ihrer flachen Rückseite stehen der Länge nach ein-
gegraben folgende fünf Zeilen:
«Jdt • kumpt • alle • van • gode • ghelucke • vnde • vnghelucke • dat • levent •
vnde • die • doodt • armoede • vnde • ryxkedommen j
vertrowe • du • godt • vn • blyft • in • dyner • esschinge [Gebet] • wente [denn] •
ydt • is • den • heren • gants • lieh [leicht] • einen • arme • rycke • tho ■
maeckende|
w en • ydt • di • wol • gheit • so decke • dat • ydt • di ■ wedder • ouel • ghae • kä •
vn • we • ydt • di • ovel • gheit • soe • decke • dat • ydt • di • wedder ■ wol •
ghae • kan
wente • de • here • kan • eynem • yderen ■ lichtelicke • ym ■ dode • vergelden •
alse • he • ydt • verdenet • heeft • eine • bose • stunde- macket • so
dat • men • alle • frowde ■ vorgheet [vergißt] • vnde • wen • de • mensche •
steruet • soe • werdt • he • entwaer [gewahr] • woe • hy • gelevet • heeft •
erl. . [?]»
Die Sprache dieser Inschrift ist, wie mir Josef Seemüller, dem ich auch alle
folgenden auf die Sprache bezüglichen Anmerkungen zu danken habe, mitteilt,
niederländisch.
Die Wölbung der Scheide zeigt übereinander folgende Darstellungen im
Hochrelief: Edelmann und Edelfrau, einander küssend und umarmend. In den
Hintergrund eingeritzt Meeresbucht mit Segelschiffen und Ruderbooten, flache
Ufer mit Städten, rückwärts Berge mit Burgen. Darunter der Spruch: «EIN
TROVWE • FRVNDT • IS • EIN • TROST • DS • LEVE» (Seemüller belehrt mich
gütig dahin, daß «frvndt» und «trost» keine niederländischen Formen sind; auf-
fallend ist auch das DS). Dann, vor üppigem Gerank sitzend und in ein Horn
blasend, ein nackter Putto. In der Ecke links ein Totenschädel. Rechts eine Sand-
uhr. Unten die Worte: «DENCKE • DAT • DE • DODT • NIET • TOE» (toe von
toven = warten, zaudern, zögern). Ferner der Sündenfall. Rechts und links vom
ersten Menschenpaar Bäume mit Äpfeln, im Gezweig links ein Vogel, rechts die
Schlange, zu beiden Seiten unten je ein Tierlein (Ziege und Hirsch?).
Die Scheide endet in einen aus zwei ornamental gebildeten Delphinenpaaren
bestehenden Knauf.
Edelmann und -frau, einander umarmend, erinnern an die zwei Folgen von
Aldegrevers Hochzeitstänzern (B. 152 — 15g, 160 —171)7 doch ist keiner dieser
Stiche kopiert. Adam und Eva haben einen Kupferstich von Allart Claesz (B. 2)
zur Vorlage.
Daß die Scheide älter ist als das Messer selbst, hat im Jahre 1826 bereits der
den Ankauf des Objektes vorschlagende A(nton) von St(einbüchel) gesehen. Meiner
Meinung nach kann sie nicht später als um die Mitte des XVI. Jahrhunderts ent-
standen sein.
Die Klinge ist aus Stahl und zeigt geätzt die Jahreszahl 1610 und einen
Anker mit einer Krone. Den Rücken entlang kriecht, durchbrochen geschnitten,
in neun flachen Bogen eine Schlange. Die Klinge ist zunächst der Stelle, wo sie
im Querschnitt zu einem Quadrat verbreitert, durch ein zierliches Vierblatt mit
dem Heft verbunden ist, fischblasenähnlich durchbrochen.
Vor allem ist das Heft des Messers durch reichlichsten Aufwand dekora-
tiver Kleinkunst, erbaulicher und praktischer Gelehrsamkeit und subtilster Hand-
werksgeschicklichkeit ausgezeichnet. Der Griff, der die Form eines langgestreck-
Arpad Weixlgärtner.
Fig. 27. Aus Buxbaum-
holz geschnitzte Scheide
des von 1610 datierten
vlämischen Messers.
Wien, Hot'museum.
chen des Messers einzuhaken ist. An der Spitze der Scheide ist ein drehbarer
silberner Globus befestigt. Auf ihrer flachen Rückseite stehen der Länge nach ein-
gegraben folgende fünf Zeilen:
«Jdt • kumpt • alle • van • gode • ghelucke • vnde • vnghelucke • dat • levent •
vnde • die • doodt • armoede • vnde • ryxkedommen j
vertrowe • du • godt • vn • blyft • in • dyner • esschinge [Gebet] • wente [denn] •
ydt • is • den • heren • gants • lieh [leicht] • einen • arme • rycke • tho ■
maeckende|
w en • ydt • di • wol • gheit • so decke • dat • ydt • di ■ wedder • ouel • ghae • kä •
vn • we • ydt • di • ovel • gheit • soe • decke • dat • ydt • di • wedder ■ wol •
ghae • kan
wente • de • here • kan • eynem • yderen ■ lichtelicke • ym ■ dode • vergelden •
alse • he • ydt • verdenet • heeft • eine • bose • stunde- macket • so
dat • men • alle • frowde ■ vorgheet [vergißt] • vnde • wen • de • mensche •
steruet • soe • werdt • he • entwaer [gewahr] • woe • hy • gelevet • heeft •
erl. . [?]»
Die Sprache dieser Inschrift ist, wie mir Josef Seemüller, dem ich auch alle
folgenden auf die Sprache bezüglichen Anmerkungen zu danken habe, mitteilt,
niederländisch.
Die Wölbung der Scheide zeigt übereinander folgende Darstellungen im
Hochrelief: Edelmann und Edelfrau, einander küssend und umarmend. In den
Hintergrund eingeritzt Meeresbucht mit Segelschiffen und Ruderbooten, flache
Ufer mit Städten, rückwärts Berge mit Burgen. Darunter der Spruch: «EIN
TROVWE • FRVNDT • IS • EIN • TROST • DS • LEVE» (Seemüller belehrt mich
gütig dahin, daß «frvndt» und «trost» keine niederländischen Formen sind; auf-
fallend ist auch das DS). Dann, vor üppigem Gerank sitzend und in ein Horn
blasend, ein nackter Putto. In der Ecke links ein Totenschädel. Rechts eine Sand-
uhr. Unten die Worte: «DENCKE • DAT • DE • DODT • NIET • TOE» (toe von
toven = warten, zaudern, zögern). Ferner der Sündenfall. Rechts und links vom
ersten Menschenpaar Bäume mit Äpfeln, im Gezweig links ein Vogel, rechts die
Schlange, zu beiden Seiten unten je ein Tierlein (Ziege und Hirsch?).
Die Scheide endet in einen aus zwei ornamental gebildeten Delphinenpaaren
bestehenden Knauf.
Edelmann und -frau, einander umarmend, erinnern an die zwei Folgen von
Aldegrevers Hochzeitstänzern (B. 152 — 15g, 160 —171)7 doch ist keiner dieser
Stiche kopiert. Adam und Eva haben einen Kupferstich von Allart Claesz (B. 2)
zur Vorlage.
Daß die Scheide älter ist als das Messer selbst, hat im Jahre 1826 bereits der
den Ankauf des Objektes vorschlagende A(nton) von St(einbüchel) gesehen. Meiner
Meinung nach kann sie nicht später als um die Mitte des XVI. Jahrhunderts ent-
standen sein.
Die Klinge ist aus Stahl und zeigt geätzt die Jahreszahl 1610 und einen
Anker mit einer Krone. Den Rücken entlang kriecht, durchbrochen geschnitten,
in neun flachen Bogen eine Schlange. Die Klinge ist zunächst der Stelle, wo sie
im Querschnitt zu einem Quadrat verbreitert, durch ein zierliches Vierblatt mit
dem Heft verbunden ist, fischblasenähnlich durchbrochen.
Vor allem ist das Heft des Messers durch reichlichsten Aufwand dekora-
tiver Kleinkunst, erbaulicher und praktischer Gelehrsamkeit und subtilster Hand-
werksgeschicklichkeit ausgezeichnet. Der Griff, der die Form eines langgestreck-