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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Weixlgärtner, Arpad: Ungedruckte Stiche: Materialien und Anregungen aus Grenzgebieten der Kupferstichkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0368
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356

Arpad Weixlgärtner.

tümlichkeit der hellen Faltenkämme in den beschatteten Gewandpartien und die Verwendung punkt-
artiger Strichlein zur Modellierung finden.1

Natürlich kommt es auch vor, daß ein und derselbe Künstler für den Holzschnitt zeichnet und
zugleich selbst in Kupfer sticht. Wie die Rundfrage Flechsigs2 und die Ausführungen Naumanns3 in
jüngster Zeit ergeben haben, ist dies bei dem Meister des Amsterdamer Kabinetts der Fall. Höchst
interessant und lehrreich ist es da nun, die Holzschnitte des Künstlers (der Holzschneider, dessen Messer
die Zeichnungen des Meisters anvertraut waren, hat damals wenig Innenzeichnung und noch weniger

Kreuzschraffen auf der Kupferplatte und an die schwierige und eigentlich widersinnige Art und Weise,
wie sie der Holzschneider herstellen muß, erinnert werden. Wie Dürer, aus einer Goldschmiede-
werkstatt hervorgewachsen, nicht nur die technisch sondern auch die gedanklich höheren Aufgaben
stets dem Kupferstich zumutete und anvertraute, hat meisterhaft schon Wölfflin ausgeführt.4 Daß
Dürer auch dann, wenn er mit dem Pinsel arbeitete, oder besser gerade dann, wenn er es tat, den
Kupferstecher nicht verleugnen konnte, beweist etwa das Bildnis des dreiundneunzigjährigen Antwerp-
ners vom Jahre 1521 (L. 568), wo der Pinsel nicht anders denn ein Stichel geführt ist. Daß sich Dürer
auf diese seine Zeichenweise etwas zugute tat, erhellt aus der wohl von ihm selbst dem Camerarius
erzählten Anekdote von der Bewunderung des von ihm so hoch verehrten Gianbellin, als er diesem
mit jedem beliebigen Pinsel haarscharfe Linien vorzog.

1 Vgl. dazu die bei Lehrs, L c, mitgeteilte Meinung Daniel Burkhardts, der die Budapester Zeichnung in die Nähe des
Baseler Meisters von 1445 versetzt.

2 Cicerone II (1910), 71 ff. und 190 ff.

' Der Spiegel menschlicher Behaltnus und die Illustrationen des Hausbuchmeisters, in den Studien zur deutschen
Kunstgeschichte, Straßburg 1910, Heft 126.

4 Die Kunst Albrecht Dürers, 2. Aufl., München 1908, passim.

Fig. 36. Virgil Solis, Berittener Feldherr, Radierung.

Schraffierung brauchen können) mit sei-
nen Kaltnadelarbeiten zu vergleichen, bei
denen er sicher sein konnte, daß der Ab-
druck auch der feinsten Nuance gerecht
werden würde. Jedenfalls geht bei die-
sem Meister viel von seinem spezifischen
Können, man möchte sagen: die Blume
seiner Kunst verloren, wenn er für den
Holzschnitt zeichnet. Doch gibt es Künst-
ler, Kupferstecher und Zeichner für den
Holzschnitt, von denen man sich schwer
vorstellen könnte, daß sie sich auf beiden
Gebieten betätigt haben. Man denke sich
bloß den Meister E S als Zeichner für den
Holzschnitt und den Zeichner der Holz-
schnitte der Hypnerotomachia als Kupfer-
stecher tätig. Dürer ist es ja gelungen,
auf beiden Gebieten gleich Hervorragen-
des zu leisten; doch ist hier zusagen, daß
eigentlich er es war, der die nicht zuletzt
Von ihm selbst so subtil und kompliziert
ausgebildete Schraffenmanier des Kupfer-
stiches auf den Holzschnitt übertrug, sie
ihm gewissermaßen aufnötigte. Zur Er-
härtung des Gesagten möge bloß an die
einfache und natürliche Entstehung der
 
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